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Ukraine: Neueste Entwicklungen
03.08.2023: Wie der Guardian berichtet, haben Forscher des humanitären Forschungslabors der Yale School of Public Health festgestellt, dass die Bewohner der besetzten Gebiete von Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja Zielscheibe systematischer Bemühungen der pro-russischen Behörden sind, sie ihrer ukrainischen Identität zu berauben, indem sie unter Androhung von Vergeltungsmassnahmen gezwungen werden, die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Diejenigen, die dies nicht tun, müssen mit Drohungen, Einschüchterungen oder Einschränkungen beim Zugang zu lebensnotwendigen Gütern und humanitärer Hilfe rechnen. Laut Moskau wurden seit Oktober 2022 in den besetzten ukrainischen Gebieten 1,5 Millionen russische Reisepässe ausgestellt. Den Verfassern des Berichts zufolge stellen die von Russland ergriffenen Massnahmen Kriegsverbrechen dar und das Völkergewohnheitsrecht verbietet die Auferlegung einer Staatsbürgerschaft ohne Zustimmung der Betroffenen oder unter Zwang.
27.06.2023: In seinem jüngsten Bericht über die Inhaftierung von Zivilisten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stellt das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) fest, dass Russland seit Beginn des Krieges 864 Personen (763 Männer, 94 Frauen und 7 Jungen) willkürlich inhaftiert hat. Eine erhebliche Anzahl dieser willkürlichen Inhaftierungen erfolgte während sogenannter "Screening"-Operationen in den besetzten Gebieten, die nach Ansicht des OHCHR gegen das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsbestimmungen verstossen und in einigen Fällen dem Verschwindenlassen gleichkamen. Mindestens 260 Zivilisten wurden von Russland auch aufgrund ihrer angeblichen politischen Ansichten inhaftiert. In etwa einem Viertel der Inhaftierungsfällen wurden die Personen illegal an andere Orte im besetzten Gebiet gebracht oder sogar nach Russland deportiert. Die überwältigende Mehrheit der Inhaftierten gab an, Folter und Misshandlungen, einschliesslich sexueller Gewalt, ausgesetzt gewesen zu sein. Mindestens 77 Zivilisten wurden Opfer aussergerichtlicher Hinrichtungen. Dem Bericht des OHCHR zufolge haben die ukrainischen Sicherheitskräfte mindestens 75 Personen (57 Männer, 17 Frauen und 1 Junge) willkürlich inhaftiert, die meisten von ihnen wurden verdächtigt, Straftaten im Zusammenhang mit dem Konflikt begangen zu haben. Die ukrainischen Sicherheitskräfte hätten ebenfalls inoffizielle Haftorte genutzt und eine Reihe von Häftlingen Folter und Misshandlung ausgesetzt. Während die ukrainischen Behörden dem OHCHR vertraulichen und nahezu vollständigen Zugang zu inhaftierten Zivilisten gewährten, hat die Russische Föderation dem OHCHR nach Angaben des OHCHR keinen Zugang gestattet.
13.06.2023: Die internationale humanitäre Unterstützung für die von der Staudamm-Katastrophe betroffenen Menschen läuft langsam an. Die UNO und ihre humanitären Partner lieferten lebenswichtige Güter - vor allem Wasser, Hygieneartikel und Lebensmittel - in einer Menge, die den Bedarf von fast 180’000 Menschen decken soll. Die UNO arbeitet nach eigenen Angaben mit der Ukraine und Russland zusammen, um den Zugang der internationalen humanitären Hilfe zu allen von der verheerenden Zerstörung des Staudamms betroffenen Zivilist*innen zu gewährleisten. Allerdings fehlten aktuell noch die Sicherheitsgarantien Russlands, damit die humanitären Helferteams die Frontlinie zum linken Ufer des Dnipro überqueren können. Auch Hilfe aus der Schweiz hat laut Sonntagszeitung die Region erreicht. So verteile Ärzte ohne Grenzen (MSF) Wassertanks und Generatoren an die betroffene Bevölkerung, Sandsäcke wurden an ein Spital bei Cherson geliefert, damit das Spital nicht überflutet wird. Die Schweizer Botschaft arbeite mit Unterstützung von zwei Fachpersonen des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe mit Gemeinden, lokalen Wassernetzbetreibern und NGOs an Plänen für die Lieferung von Wasseraufbereitungseinheiten und Wassertanks. Zudem sei die Botschaft daran, Rohre und Pumpen an die Wassernetzbetreiber oberhalb des Staudamms zu liefern. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) wiederum finanziert Partnerorganisationen vor Ort, die ihre Aktivitäten angepasst haben, um den Betroffenen Soforthilfe zu gewähren.
11.06.2023 Die Zerstörung des Khakhova-Staudamms in der Nacht zum 06.06.2023 ist eine humanitäre Katastrophe. Nach Angaben von UN OCHA, dem Amt für humanitäre Angelegenheiten der Uno, sind Evakuierungen, Zugang zu Trinkwasser, Lebensmitteln und Hygieneartikeln die dringendsten Bedürfnisse von Tausenden von Familien, die vom Dammbruch betroffen sind. Das Sinken des Pegels des Khakhova-Wasserreservoirs beeinträchtigt den Zugang zu Wasser für Hundertausende. Besonders besorgniserregend ist die Situation im Oblast Dnipropetrovska, wo mehr als 160’000 Menschen mit Wasserknappheit konfrontiert sind. Durch die Überflutung der Abwassersysteme und Friedhöfe sowie durch in den Fluss Dnipro geschwemmtes Geröll wurde das Wasser zudem stark verunreinigt, was die Gefahr der Ausbreitung von durch Wasser übertragenen Krankheiten birgt. Die Zerstörung des Kakhovka-Damms und die daraus resultierenden massiven Überschwemmungen haben auch den Zugang zu Strom, Gas und Gesundheitsdiensten beeinträchtigt. Unterdessem geht das Hochwasser langsam zurück. Nach Angaben der ukrainischen Behörden lag der durchschnittliche Pegelstand am 11. Juni bei 4 Metern, gegenüber fast 5,4 Metern am 9. Juni. Nach Angaben der ukrainischen Polizei sind jedoch weiterhin 46 Städte und Dörfer im Oblast Chersonska überflutet, darunter 32 auf dem von der Ukraine kontrollierten rechten Ufer des Dnipro, 14 in den vom russischen Militär kontrollierten Gebieten und 31 in der Oblast Mykolaivska. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bei der Katastrophe in den Gebieten unter ukrainischer Kontrolle mindestens sechs Menschen getötet und 29 Menschen werden vermisst, in den Gebieten unter russischer Militärkontrolle wurden nach Angaben der russischen Behörden mindestens acht Menschen getötet.
25.05.2023 Laut The Guardian hat die 76. Versammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf die Verlegung eines in Moskau ansässigen WHO-Büros nach Kopenhagen beschlossen. Dies geschah aufgrund der schweren gesundheitlichen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts. Diese Entscheidung steht im Zusammenhang mit mehreren Initiativen der Zivilgesellschaft und der ukrainischen Diplomatie, die darauf abzielen, Russland von internationalen Institutionen zu isolieren. France Info zufolge, forderte auch die WHO Russland auf, die Angriffe auf das Gesundheitssystem der Ukraine einzustellen. Eine Webseite der WHO listet regelmässig derartige Angriffe auf und zählt seit Beginn des Konflikts über 1.000 Angriffe, bei denen 101 Menschen getötet und 138 verletzt wurden.
19.05.2023 Ein Bericht der NGO Data Friendly Space und des Think Tanks Impact Initiatives dokumentiert die Risiken für Frauen und Kinder im Ukraine-Konflikt. Menschenhandel, Missbrauch, sexuelle Belästigung und häusliche Gewalt werden besonders betont, wobei die Situation in den Bezirken Cherson, Dnipro und Charkiw besorgniserregend sei. Der Bericht hebt darüber hinaus psychologische Not als wichtiges Phänomen hervor, das durch den Mangel an psychologischen und sozialen Diensten noch verschärft wird. Der Rückgang der Kaufkraft trifft Frauen, die Haushaltsvorstände sind, am härtesten. Der mit dem Einkommensverlust verbundene Haushaltsstress wird als ein Faktor unterstrichen, der zu häuslicher Gewalt beiträgt. Angriffe auf die Schulinfrastruktur und die Telekommunikation haben den Zugang zu Bildung für Millionen von Kindern beeinträchtigt. 45% der Haushalte mit Babys unter sechs Monaten haben Probleme, sie zu ernähren. Die Ernährungsunsicherheit hat für die gesamte Bevölkerung zugenommen, was schwangere und stillende Frauen in eine noch prekärere Lage bringt.
24.04.2023 Ein Bericht der International Disability Alliance (IDA) informiert über die Situation von Menschen mit Behinderungen im Ukraine-Konflikt. Durch Interviews mit beeinträchtigten Personen und Vertretern von Behindertenorganisationen werden darin zahlreiche Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Rechts aufgezeigt. Der Bericht dokumentiert Missbrauch und willkürliche Inhaftierungen durch die russischen Streitkräfte, die Zerstörung von Häusern, Probleme beim Zugang zu Flucht- und Zufluchtswegen sowie bei der Verteilung von Hilfsgütern (keine Verwendung der Gebärdensprache, lange Schlangen usw.). Der Bericht analysiert auch die Unangemessenheit der Invalidenrenten angesichts der durch den Konflikt verursachten Inflation und die Zerstörung oder Verlagerung von Einrichtungen, die auf die Aufnahme von Menschen mit Behinderungen spezialisiert sind. Schliesslich unterstreicht der Bericht die wesentliche Rolle von Fachorganisationen für Behindertenfragen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten.
13.04.2023 Laut Human Rights Watch (HRW) bauten die russischen Streitkräfte zwischen März und November 2022 mehrere Einrichtungen in Cherson auf, um Menschen zu inhaftieren und zu foltern. Die NGO berichtet von Misshandlungen, Folter, Zwangsumsiedlungen und Tötungen von Zivilisten und Kämpfer, was ihrer Ansicht nach Kriegsverbrechen darstellt. Einige Personen würden als vermisst gelten. Ein grosses Folterzentrum in der Teploenerhetykivde-Strasse, ein Haftzentrum in der Perekopska-Strasse, Orte der Gefangenschaft in provisorischen Einrichtungen am Sitz der Stadtverwaltung von Kherson, eine Dorfschule und ein Flughafenhangar wurden identifiziert. Laut HRS scheint es, dass die russischen Streitkräfte während ihrer Besetzung von Cherson ein wiederkehrendes Muster bei der Behandlung von Zivilpersonen anwandten: aggressive Hausdurchsuchung und anschliessende Inhaftierung einer oder mehrerer dort lebender Personen auf der Grundlage verschiedener Anschuldigungen.
11.04.2023 Laut RTS ist die Schweizerische Stiftung für Minenräumung der Ansicht, dass die Anstrengungen des Bundes für die Minenräumung in der Ukraine erhöht werden müssen. Der Einsatz von Antipersonenminen durch russische und ukrainische Streitkräfte wurde unter anderem von Human Rights Watch dokumentiert. Laut der Internationalen Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen (ICBL) soll die Ukraine das Land sein, das am stärksten von der Problematik der Antipersonenminen betroffen ist. Zwischen 250.000 und 300.000 km2 Land sollen vermint sein, was zwei Dritteln des Landes entspricht, wobei eine wichtige Besonderheit die intensive Verminung von städtischen Gebieten ist. Ärzte ohne Grenzen hatte bereits über Minen in funktionierenden Gesundheitszentren in den Regionen Isjum, Cherson und Donezk berichtet. Die NGO, die darüber hinaus das Vorhandensein von Waffen mit Streumunition in Krankenhäusern dokumentiert hatte, hatte sich «schockiert» über den Einsatz solcher Waffen in medizinischen Einrichtungen geäussert.
24.03.2023: Die Untersuchungskommission für die Ukraine hat dem Menschenrechtsrat (HRC) einen Bericht vorgelegt, in dem zahlreiche Verletzungen des internationalen Menschenrechts und des humanitären Rechts, insbesondere durch die russischen Streitkräfte, dokumentiert werden: Tötungen, Angriffe auf Zivilisten, rechtswidrige Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigungen, Zwangsumsiedlungen und Deportationen von Kindern. Darüber hinaus hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin und seine Kommissarin für Kinderrechte Maria Aleksejewna Lwova-Belova erlassen. Laut dem Guardian hätte dieser Haftbefehl zur Folge, dass die internationalen Reisemöglichkeiten des Präsidenten und hochrangiger russischer Beamter eingeschränkt würden. Am 24. März veröffentlichte der UNHRC auch einen Bericht über die Behandlung von Kriegsgefangenen. Der Bericht erwähnt die Hinrichtung von 25 russischen Kriegsgefangenen und kampfunfähigen Personen, sowie die Misshandlung von Kriegsgefangenen durch die ukrainischen Streitkräfte. Dokumentiert werden auch die Hinrichtung von 15 ukrainischen Kriegsgefangenen durch die russischen Streitkräfte und die Wagner-Gruppe sowie die Misshandlung und Folter von ukrainischen Kriegsgefangenen.
13.03.2023: Nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) ist eine grosse Anzahl der Heimkinder in der Ukraine traumatisiert, von ihren Familien getrennt oder nach Russland zwangsumgesiedelt worden. Zu Beginn des Krieges befanden sich 105.000 Kinder in Heimen, die Hälfte davon mit Behinderungen. HRW schätzt, dass sich 32.000 dieser Kinder jetzt in Gebieten befinden, die von russischen Streitkräften kontrolliert werden. Einige Einrichtungen verlagern ihre Aktivitäten aus den Kampfgebieten heraus, teilweise sogar nach Polen, wo die Kinder nicht registriert und Geschwister getrennt wurden. Mehrere tausend Kinder wurden nach Russland deportiert, und Tausende weitere gelten als vermisst. HRW fordert internationale Anstrengungen zur Identifizierung und Rückführung von nach Russland deportierten und vermissten Kindern sowie einen Unterbruch der Unterbringung von Kindern in Institutionen, insbesondere während Konflikten, in denen internationale Adoptionen verboten sind.
06.03.2023 Einem Artikel von Le Monde zufolge hat die ukrainische Regierung die Gründung des Internationalen Zentrums zur Verfolgung von Aggressionsverbrechen (CIPA) angekündigt, welches Eurojust, die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, unterstellt ist. Diese Interimsstaatsanwaltschaft könnte den Grundstein für ein Sondergericht bilden, das in Zukunft über Russlands Angriff auf die Ukraine urteilen soll. Kiew bekräftigte zudem seine Bereitschaft, in der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution für die Einrichtung eines Sondergerichtshofs durchzusetzen. Der Internationale Strafgerichtshof, der kein Mandat zur Verfolgung der Aggressionsverbrechen in der Ukraine hat, untersucht weiterhin mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere die Deportation ukrainischer Kinder nach Russland durch die Besatzungsmächte.
21.02.2023 Laut einem Bericht, der auf der Plattform Conflict Observatory veröffentlicht wurde, wurden seit dem 24. Februar 2022 6’000 Fälle von Entführungen ukrainischer Kinder festgestellt. Diese Kinder werden in einem Netz von 43 Einrichtungen auf der Krim und in verschiedenen Teilen Russlands festgehalten. Mindestens 32 der Lager sollen einer systematischen Umerziehung von Kindern durch russisch orientierte akademische, kulturelle, patriotische und/oder militärische Programme dienen. Angeblich verwaiste Kinder sollen in zwei Lagern und anschliessend in russischen Familien untergebracht worden sein. In vielen Fällen wurde die Zustimmung der Eltern nicht oder unter Zwang eingeholt. Diese Kindesentführungen reihen sich in eine umfangreiche Liste von Menschenrechtsverletzungen ein, die seit Beginn des Konflikts in der Ukraine begangen und von den Vereinten Nationen beklagt wurden.
31.01.2023 Laut Human Rights Watch setzt die Ukraine, die Vertragspartei des Minenverbotsvertrags (1997) ist, Antipersonenminen ein, insbesondere in Izium. Die ukrainische Regierung hat zugesagt, den Bericht der Nichtregierungsorganisation zu prüfen. Minen des Typs PFM, auch «Schmetterlingsminen» oder «Grüner Papagei» genannt, wurden mit Raketen in russisch besetzten Gebieten verstreut. Der Einsatz von Antipersonenminen, wie es ebenfalls die russischen Streitkräfte vornehmen, verstösst gegen das humanitäre Völkerrecht, da nicht zwischen Zivilisten und Militär unterschieden wird. Aktive Landminen führen zu Vertreibungen und behindern die Bereitstellung humanitärer Hilfe sowie die Landwirtschaft. Ukrainischen Minenräumern zufolge würde es Jahrzehnte dauern, das Gebiet von Landminen zu befreien.
25.01.2023 Der Kiyv Post zufolge unterzeichnete der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky ein Gesetz, das die Strafen für Ungehorsam oder Desertion der Streitkräfte im Rahmen des Konflikts mit Russland verschärft. Das Gesetz sieht auch härtere Strafen bei Bedrohung der militärischen Führung, Flucht vom Schlachtfeld oder Konsum von Alkohol während militärischen Aktivitäten vor. Das Gesetz verbietet ukrainischen Gerichten, die Strafen zu verringern oder den für schuldig befundenen Soldaten Bewährungsstrafen zu gewähren. Die Strafen sehen bis zu 12 Jahre Haft für Desertion und bis zu 10 Jahre Haft für Ungehorsam oder Kampfverweigerung vor. Das Gesetz wurde Ende 2022 vom ukrainischen Parlament verabschiedet. Ein Teil der ukrainischen Zivilgesellschaft hatte Druck auf Präsident Zelensky ausgeübt, es nicht zu unterzeichnen. Das Gesetz scheint die Fortsetzung einer Massnahme zu sein, die der ukrainische Ministerrat am 30. Dezember 2022 verabschiedete (Ukranews berichtete). Diese Massnahme ordnet die militärische Registrierung ukrainischer Staatsbürger im Ausland an. Sie gilt für Männer und Frauen ab 16 Jahren, die dem Militärdienst unterliegen, eine Ausbildung erhalten haben oder einen für das Militär notwendigen Beruf ausüben. So müssen sich Personen, die sich länger als drei Monate im Ausland befinden, bei der ukrainischen diplomatischen Vertretung im Aufenthaltsland in das Militärregister eintragen lassen. Wer sich dem entzieht, macht sich strafbar.
17.01.2023 In seinem neuesten Bericht über das Profil, die Bedürfnisse und die Absichten von Flüchtlingen aus der Ukraine, berichtet der UNHCR, dass 63 Prozent der Befragten in naher Zukunft in ihrem Aufnahmeland bleiben wollen. Der Bericht beruht auf Daten, die von Mai bis November 2022 in sieben Nachbarländern der Ukraine, darunter Polen, Rumänien, Moldawien und die Slowakei, erhoben wurden. Als Hauptgründe wurden Sicherheit, familiäre Bindungen, Arbeit und das Asylverfahren genannt. Nur 14 Prozent der Befragten planen, in die Ukraine zurückzukehren, aber 74 Prozent sind sich nicht sicher, wann sie dies tun würden. Fast jeder Zehnte plant, sich in einem anderen Aufnahmeland niederzulassen, und 14 Prozent sind sich über ihre Pläne unsicher. Mehr als die Hälfte der Befragten verliess ihren Heimatort zwischen Ende Februar und April 2022, darunter Odeska, Kharkivska und Kiew. Die meisten Befragten (68 Prozent) leben derzeit in Unterkünften oder zur Miete, 28 Prozent wohnen an Gemeinschaftsstandorten. Zu den von den Befragten angegebenen dringenden Bedürfnissen gehörten Bargeld, Arbeit und Unterkunft.
06.12.2022 Laut einem Bericht von Human Rights Watch (HRW) scheint das weitverbreitete und wiederholte Anvisieren der ukrainischen Energieinfrastruktur durch die russischen Streitkräfte in erster Linie darauf abzuzielen, Angst und Schrecken unter der Bevölkerung zu verbreiten. Dies würde einen Verstoss gegen das Kriegsrecht darstellen. Mehrere Raketen- und Drohnenangriffe im Oktober und November 2022 haben Millionen von Zivilisten zumindest zeitweise, wenn nicht sogar dauerhaft, von der Versorgung mit Strom, Wasser, Heizung und anderen grundlegenden Dienstleistungen abgeschnitten. Bei diesen Angriffen wurden mindestens 77 Zivilisten getötet und 272 verletzt. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden am 23. November 2022 mehr als 30 Zivilisten getötet oder verletzt. Am selben Tag wurde der Zugang zu Elektrizität für Millionen von Menschen in der gesamten Ukraine unterbrochen. Die gesamte Bevölkerung von Kiew, die auf etwa 3 Millionen Menschen geschätzt wird, hatte den ganzen Tag über keinen Zugang zu Wasser, und Teile der Regionen Kiew, Lwiw, Saporischschja und Odessa waren vollständig von der Stromversorgung abgeschnitten. Die Kriegsgesetze verbieten Angriffe auf Güter, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unerlässlich sind. Sie verbieten auch Gewalt oder Drohungen, "deren Hauptzweck es ist, unter der Zivilbevölkerung Angst und Schrecken zu verbreiten", so HRW. Die ukrainischen Wintertemperaturen bewegen sich um die minus 3 Grad Celsius und können bis auf minus 20 Grad fallen.
06.12.2022 Laut einem Bericht von Amnesty International haben ältere Menschen in der Ukraine mehr Verletzte und Tote zu beklagen als der Rest der Bevölkerung. Auch die Wohnungen der älteren Menschen, die den Konflikt in der Ukraine überstehen, sind beschädigt und bieten gefährliche Lebensbedingungen. Tausende vertriebene ältere Menschen sind in überfüllten öffentlichen Einrichtungen untergebracht, die keine ausreichende Versorgung bieten können. Der Bericht der NGO erklärt, dass ältere Menschen oft in den vom Konflikt betroffenen Gebieten bleiben oder diese nicht verlassen können. Dadurch sind sie Vorurteilen und schwierigen Bedingungen in sehr unsicheren Unterkünften ausgesetzt. Vertriebene ältere Menschen können oftmals keine Miete zahlen. Amnesty International hat Regierungen und internationale Organisationen dazu aufgerufen, ältere Menschen in der Ukraine zu unterstützen, ihre freiwillige Evakuierung ins Ausland zu erleichtern und sie als vorrangige Empfänger von finanzieller Hilfe zu betrachten. Die NGO ruft die internationale Gemeinschaft ausserdem dazu auf, die Schaffung von behindertengerechten Wohnungen für ältere Menschen mit Behinderungen zu unterstützen.
21.11.2022.Laut BBC, die eine Erklärung des ukrainischen Präsidenten wiedergibt, sind nach dem jüngsten Raketenbeschuss durch die russische Armee zehn Millionen Menschen ohne Energie. Nach Ansicht des Regionaldirektors für Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Dr. Kluge, leidet das ukrainische Gesundheitssystem am stärksten unter den Stromausfällen und der Treibstoffknappheit. Nach Einschätzung der WHO müssten weitere zwei bis drei Millionen Menschen aufgrund der Kälte ihre Häuser verlassen. Dazu kommt die Gefahr durch Krankheiten: Viele könnten mit COVID-19, Lungenentzündungen, Grippe, Diphtherie oder Masern konfrontiert werden. Die WHO hat seit Beginn des Krieges 703 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen verifiziert, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen.
Viele Haushalte, die keinen Strom haben, werden gezwungen sein, Holzkohle oder Holz, Dieselgeneratoren oder elektrische Heizungen zu verwenden. Diese Methoden würden erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen. Die Menschen würden mit giftigen Substanzen in Berührung kommen. Zudem sei das Unfallrisiko erheblich.
Darüber hinaus schätzt die WHO, dass etwa zehn Millionen Menschen Gefahr laufen, an psychischen Störungen wie akutem Stress, Angstzuständen, Depressionen, Drogenmissbrauch und posttraumatischem Stresssyndrom zu erkranken.
Dr. Kluge betont die Wichtigkeit von humanitären Gesundheitskorridore in allen neu zurückeroberten und besetzten Gebieten zu eröffnen.
10.11.2022: Laut Amnesty International haben sich die russischen und von Russland kontrollierten Behörden dem Begehen von Kriegsverbrechen und wahrscheinlich auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht, indem sie ukrainische Zivilist*innen illegal nach Russland oder in andere von Russland besetzte Gebiete der Ukraine verbracht haben. Im Bericht, der sich auf die Aussagen von 88 Personen stützt, von denen die meisten Opfer dieser illegalen Transfers waren, berichtet AI auch, dass Zivilist*innen gezwungen worden seien, sich missbräuchlichen Auswahlprozessen zu unterziehen, die in einigen Fällen zu willkürlichen Inhaftierungen, Folter und anderen Misshandlungen führten. Einige dieser Zivilist*innen wurden von ihren Kindern getrennt.
09.11.2022: Der Bundesrat hat entschieden, den Status S ein weiteres Jahr in Kraft zu lassen. Auch der finanzielle Beitrag von 3000 Franken pro Person und Jahr zur Sprachförderung soll weiterhin geleistet werden. Die SFH begrüsst diesen Entscheid, weil in der Ukraine nach wie vor von einer schweren allgemeinen Gefährdung der Zivilbevölkerung ausgegangen werden muss. Den Integrationsbeitrag von 3000 Franken sieht die SFH gemäss Medienmitteilung allerdings kritischer, da die vergangenen Monate gezeigt haben, dass dieser Betrag bei weitem nicht ausreicht um die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine wirkungsvoll zu fördern.
27.10.2022: Laut dem jüngsten Bericht für Binnenvertriebene in der Ukraine von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) wird ihre Gesamtzahl auf 6,5 Millionen geschätzt. Davon sei mehr als die Hälfte seit über sechs Monaten vertrieben. Fast 6 Millionen Menschen konnten seit Ende Februar an ihren Wohnort zurückkehren. Von Ende September bis Ende Oktober seien 450’000 Menschen vertrieben worden – 280’000 im Osten des Landes und 23’000 aus Kiew. Nach ihren Mobilitätsabsichten befragt, gaben mehr als ein Viertel an, ihren derzeitigen Wohnort in den kommenden Wochen verlassen zu wollen. 13 Prozent planten eine Rückkehr zu ihrem Wohnsitz vor Kriegsausbruch. Gründe für eine Rückkehr seien, Familie und Freunde zu treffen und auch, nicht zusätzlich für die Unterkunft zahlen zu müssen. Andere gaben an, an ihrem üblichen Wohnort eine Arbeitsstelle suchen zu wollen. Der Hauptgrund für eine Nichtrückkehr sei die mangelhafte Sicherheitslage durch die russischen Militärbesatzung. Andere Befragte wiesen auf den Mangel an grundlegenden Dienstleistungen und öffentlichen Einrichtungen in den kürzlich befreiten Gebieten hin.
Gegen Ende Oktober kam es bei den meisten Binnenvertriebenen zu Störungen bei der Versorgung mit Leitungswasser, Strom, Gas und Telekommunikation. Fast die Hälfte ihrer temporären Unterkünfte seien beschädigt worden, 5 Prozent davon vollständig zerstört.
22.10.2022: Laut der ukrainischen Regierung wurden in Kiew, Winnyzja, Odessa, Saporischschja und anderen Städten Zivilist*innen und Infrastrukturen von sogenannten «Kamikaze»-Drohnen ins Visier genommen, so berichtet CNN. Mit den Drohnenangriffen, die vom IKRK verurteilt wurden, seien oft Zivilist*innen getroffen, da ein präzises Zielen auf militärische Einrichtungen gar nicht möglich sei, erklärt ein australischer General, der ebenfalls von CNN zitiert wird. Die BBC erklärt, dass mindestens acht Zivilpersonen während der Drohnenangriffe am 17. Oktober gestorben seien – vier davon in Kiew und vier in Sumy. Auf Twitter erklärte Amnesty International, dass die Drohnenangriffe «wachsendes menschliches Leid» verursachten. Amnesty International verurteilte auch die Bombenangriffe der russischen Streitkräfte auf die zivile Infrastruktur der Ukraine, insbesondere auf Einrichtungen zur Stromversorgung. Die Organisation bezeichnete es als «Kriegsverbrechen», dass diese Aktionen ausschliesslich zum Zweck der Terrorisierung von Zivilist*innen durchgeführt würden. Laut Al Jazeera wurden durch die Angriffe 30 % der Stromerzeugungsanlagen sowie Wasserversorgungsstrukturen zerstört. Eine Million Haushalte sollen ohne Strom sein. Der Guardian zitiert eine humanitäre Quelle, der zufolge der Mangel an Strom weitere zwei Millionen Menschen dazu veranlassen könnte, das Land zu verlassen.
19.10.2022: Laut einem Bericht von Human Rights Watch haben die russischen Streitkräfte und Personen unter ihrem Kommando während ihrer sechsmonatigen Besetzung von Izium in der Region Charkiw regelmässig Gefangene gefoltert. Überlebende beschrieben, dass sie Elektroschocks, Wasserfolter und schweren Schlägen ausgesetzt waren oder mit Waffen bedroht und gezwungen wurden, über lange Zeiträume schmerzhafte Positionen zu halten. Eine Frau berichtete von Vergewaltigungsdrohungen und laut der Washington Post wurde eine weitere Frau mehrfach vergewaltigt. Zwei Schulen, eine Polizeistation, ein ehemaliger Krankenhauskomplex, eine Wasser- und Abwasserstation, ein Privathaus und eine private Fabrik wurden als Orte identifiziert, an denen Folter stattgefunden habe. Fast alle Personen, die gegenüber HRW über Folterungen aussagten, waren Zivilist*innen. Angehörige einiger Personen, die inhaftiert und gefoltert wurden, gaben an, dass diese sich aufgrund ihrer Traumata das Leben genommen hätten.
18.10.2022 : Zahlreiche Zwangsdeportationen von Ukrainer*innen durch die russische Armee und die Unterbringung ukrainischer Kinder in russischen Kinderlagern oder bei russischen Familien wurden von Human Rights Watch und der Associated Press dokumentiert. Laut einer Analyse des Institute for the study of War könnte die Unterbringung von ukrainischen Kindern in Russland gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 verstoßen, insbesondere gegen Artikel II e, der den Transfer von Kindern von einer Gruppe zu einer anderen Gruppe verbietet. Dasselbe Institut stellt fest, dass die Deportation von Ukrainer*innen aus der Ukraine in Verbindung mit dem Wunsch des Kremls, Teile des Landes zu russifizieren, eine ethnische Säuberung darstellen könnte. In Ermangelung einer klaren Definition im Völkerrecht ist der UN-Fachausschuss der Ansicht, dass ethnische Säuberung «... die ethnische Homogenisierung eines Gebietes durch die Anwendung von Gewalt oder Einschüchterung, um die Angehörigen bestimmter Gruppen zu vertreiben» oder «... eine bewusste Politik einer ethnischen oder religiösen Gruppe, um die Zivilbevölkerung einer anderen ethnischen oder religiösen Gruppe in bestimmten geografischen Gebieten mit Gewalt und Terror auszulöschen» ist.
14.10.2022: Im Zusammenhang mit dem Vormarsch der Kiewer Armee in der Ostukraine und der Explosion, welche die Brücke über die Strasse von Kertsch beschädigte, feuerte die russische Armee eine Salve von Raketenangriffen auf das ganze Land ab. Das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) erklärte, dass diese Raketenangriffe auf zivile Ziele und Infrastrukturen möglicherweise gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen haben. Das OHCHR berichtet ausserdem, dass die russischen Angriffe mindestens zwölf Energieanlagen trafen und in fast einem Dutzend Städten mindestens 20 Zivilisten töteten und über 100 verletzten, darunter auch Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule. Russland scheint seine Angriffe auf ukrainische Energieanlagen und -systeme zu intensivieren. Diese Woche seien Tausende Ukrainer*innen von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten worden, was die Verwundbarkeit der Zivilbevölkerung angesichts des nahenden Winters erhöhe.
27.09.2022: Das Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) hat seinen Bericht über die Menschenrechtslage in der Ukraine vom 1. Februar 2022 bis zum 31. Juli 2022 vorgelegt. Er basiert auf der Arbeit der Menschenrechtsbeobachtungsmission der Vereinten Nationen in der Ukraine (HRMMU). Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Menschenrechtslage für Zivilist*innen und Milizen im ganzen Land katastrophal ist. Summarische Hinrichtungen, Folter, Misshandlungen sowie konfliktbezogene sexuelle Gewalt (CRSV), willkürliche Inhaftierungen und Verschwindenlassen sind an der Tagesordnung und werden insbesondere von den russischen Streitkräften verübt, so das OHCHR. Neben den zahlreichen zivilen Opfern und den riesigen materiellen Schäden, die der Konflikt verursacht hat, stellt der Bericht Verletzungen der Rechte auf Gesundheit, Arbeit, Bildung und Unterkunft fest. Es werden auch zahlreiche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch beide Konfliktparteien festgestellt, insbesondere im Zusammenhang mit der Behandlung von Kriegsgefangenen. Schliesslich ist das OHCHR besorgt über die Einengung des Raums der freien Meinungsäußerung und der Zivilgesellschaft sowie über erhebliche Verletzungen der politischen und religiösen Freiheiten.
27.09.2022: Das Echo der Zeit von Radio SRF berichtet über die Ergebnisse von Untersuchungen durch internationale Organe zu Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine. Laut Matilda Bogner, der Leiterin der UNO-Monitoring-Mission, würde das humanitäre Kriegsvölkerrecht gemäss Genfer Konventionen immer wieder verletzt – hauptsächlich durch die russischen Streitkräfte. So würden Zivilist*innen die Hauptlast des Krieges tragen. Die UNO habe bislang beinahe 6000 zivile Tote verifizieren können – darunter auch 382 Kinder. Die tatsächlichen Zahlen seien laut Bogner aber weitaus höher. Erik Möse, der Vorsitzende der unabhängigen Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrats, spricht denn auch von Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen würden und UNO-Generalsekretär António Guterres fordert, dass diese nicht länger straflos bleiben dürfen.27.09.2022: Das Echo der Zeit von Radio SRF berichtet über die Ergebnisse von Untersuchungen durch internationale Organe zu Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine. Laut Matilda Bogner, der Leiterin der UNO-Monitoring-Mission, würde das humanitäre Kriegsvölkerrecht gemäss Genfer Konventionen immer wieder verletzt – hauptsächlich durch die russischen Streitkräfte. So würden Zivilist*innen die Hauptlast des Krieges tragen. Die UNO habe bislang beinahe 6000 zivile Tote verifizieren können – darunter auch 382 Kinder. Die tatsächlichen Zahlen seien laut Bogner aber weitaus höher. Erik Möse, der Vorsitzende der unabhängigen Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrats, spricht denn auch von Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen würden und UNO-Generalsekretär António Guterres fordert, dass diese nicht länger straflos bleiben dürfen.
21.09.2022 : Mit dem Wintereinbruch in der Ukraine erwartet das Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) nach eigenen Angaben eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage und damit eine neue Fluchtwelle von Ukrainer*innen. Dies würde vor allem den Osten des Landes und die schwer zerstörten Städte betreffen, wo der Zugang zu Gas oder Elektrizität und zu Gesundheitsdiensten bereits eingeschränkt sei und ein Grossteil der Bevölkerung in beschädigten Häusern lebten. Laut OCHA, das Zahlen der ukrainischen Behörden zitiert, befinden sich von den 628’000 Haushalten und Unternehmen, die ohne Strom sind, mehr als die Hälfte in der Oblast Donezka. Die humanitären Analyst*innen von ACAPS bestätigen, dass der Winter ein weiterer Faktor für Vertreibung sein wird, der zum Konflikt hinzukomme. Unter Berufung auf Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) betont ACAPS, dass mehr als ein Viertel der befragten Vertriebenen angab, sich darauf vorzubereiten, ihre temporären Unterkünfte vor dem Winter verlassen zu müssen. Viele Gemeinschaftszentren seien zudem nicht für die Unterbringung dieser Menschen während des Winters ausgestattet. Foreign Policy ist der Ansicht, dass Krieg und Winter eine neue Welle ukrainischer Flüchtlinge auslösen könnten. Der Guardian teilt diese Ansicht und weist darauf hin, dass neue Flüchtlinge auf mehr Hindernisse stossen könnten, um Hilfe zu erhalten. Die Behörden von Nachbarländern oder Ländern in der Nähe der Ukraine wie Polen oder Estland, rechnen ebenfalls mit einer neuen Flüchtlingswelle vor dem Winter.
17.09.2022: Laut CNN entdeckten die ukrainischen Behörden nach der Rückeroberung von Gebieten in der Region Charkiw im Nordosten des Landes in einem Wald in der Nähe der Stadt Isjum ein Massengrab mit mindestens 440 «unmarkierten» Gräbern. Bei der Mehrheit der Gräber handle es sich um Einzelgräber mit Holzkreuzen, die an der Spitze der Erdhügel angebracht seien. Präsident Zelensky erklärte, dass einige der gefundenen Leichen «Anzeichen von Folter» aufwiesen. Die Zeitung Le Monde berichtete außerdem, dass laut dem ukrainischen Polizeichef Ihor Klymenko zehn «Folterkammern» in von den Russen übernommenen Orten in der Oblast Charkiw entdeckt worden seien, darunter sechs in Isjum und zwei in der Stadt Balaklija.
24.08.2022: Heute vor sechs Monaten begann der Ukraine-Krieg. Millionen von Menschen mussten seither ihre Häuser verlassen, mehrere Zehntausend flüchteten in die Schweiz, welche diese riesige Herausforderung bisher gut meistern konnte. Es gibt aber noch Handlungsbedarf, beispielsweise bei der Arbeitsmarktintegration, der Einschulung von Kindern sowie bei der psychologischen Unterstützung für traumatisierte Personen. Auch beim Schutzstatus S selbst sieht die SFH Entwicklungspotential. Zudem sollen nachhaltige Lösungen im Bereich der Unterbringung geschaffen werden, da gemäss SEM bis Ende Jahr bis zu 120'000 Geflüchtete zu erwarten sind. Die SFH beobachtet dies mit Sorge und fordert Mindeststandards bei Kollektivstrukturen, insbesondere wenn die Menschen über mehrere Monate in diesen leben müssen. Detaillierte Einschätzungen finden Sie hier.
08.08.2022: Laut einem Anfang August veröffentlichten Bericht von Amnesty International haben die ukrainischen Streitkräfte systematisch Zivilisten gefährdet, indem sie Militärstützpunkte errichtet und Militärstützpunkte in Wohngebieten operiert haben. Laut der Menschenrechtsorganisation verstossen solche Taktiken gegen das humanitäre Völkerrecht und gefährden die Zivilbevölkerung, da sie zivile Objekte zu militärischen Zielen machen. Der Bericht basiert auf einer Untersuchung von Forscher*innen von Amnesty International, die über mehrere Wochen die russischen Angriffe in den Regionen Charkiw, Donbas und Mykolaiv untersuchten. Die ukrainische Regierung wies die Vorwürfe scharf zurück und warf Amnesty International vor, die Realitäten der Ukraine in Kriegszeiten zu ignorieren und die Verantwortung vom Aggressor dem Opfer zuzuschieben. Die Leiterin des Ukraine-Büros der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Oksana Pokaltschuk, trat folgend zurück. Dabei beschuldigte sie Amnesty, russische Propaganda zu übernehmen. Unter Druck entschuldigte sich Amnesty für die «Not und Wut», die der Bericht verursacht hatte, verteidigte jedoch die Schlussfolgerungen. Human Rights Watch hatte bereits im Juli die ukrainischen, aber auch die russischen Streitkräfte beschuldigt, die Zivilbevölkerung in der Ukraine unnötig zu gefährden, indem sie ihre Streitkräfte in bewohnten Gebieten einsetzten, ohne die Bewohner in sicherere Gebiete zu verlegen.
21.07.22: Die russischen und ukrainischen Streitkräfte haben die Zivilbevölkerung in der Ukraine nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) unnötig gefährdet, indem sie ihre Streitkräfte in bewohnten Gebieten stationierten, ohne die Bewohner in sicherere Gebiete zu bringen. Das humanitäre Völkerrecht verpflichtet die Konfliktparteien, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, um die Zivilbevölkerung und zivile Einrichtungen unter ihrer Kontrolle vor den Auswirkungen von Angriffen zu schützen. In vier Fällen, die HRW untersuchte, errichteten russische Streitkräfte Militärstützpunkte in bewohnten Gebieten und gefährdeten damit unnötigerweise die Zivilbevölkerung. In drei Fällen errichteten ukrainische Streitkräfte Stützpunkte in Häusern, in denen Menschen lebten, unternahmen aber keine offensichtlichen Massnahmen, um die Bewohner in sicherere Gebiete zu bringen. Bei den anschliessenden Angriffen auf diese Stützpunkte wurden Zivilist*innen getötet und verwundet.
14.07.22:Human Rights Watch (HRW) berichtet, dass die russischen Streitkräfte in der Ukraine Zivilist*innen gewaltsam verschwinden lassen und illegal nach Russland überführen. HRW dokumentierte so die Inhaftierung von neun zivilen Männern durch russische Streitkräfte während der Besetzung der ukrainischen Region Kiew und ihre offensichtliche Verbringung in Haftanstalten in den russischen Regionen Kursk und Brjansk, als die Streitkräfte abzogen oder sich zurückzogen. Die Familie und Freunde der Männer erklärten gegenüber HRW, dass es sich bei den Inhaftierten um Zivilisten handelt, was bedeutet, dass sie nach den Genfer Konventionen, die für den bewaffneten Konflikt in der Ukraine gelten, als «geschützte Personen» und nicht als Kriegsgefangene zu behandeln sind. Sie sagten, sie hätten von ehemaligen Gefangenen, die mit ihnen eine Zelle geteilt oder sie anderweitig in russischen Einrichtungen gesehen hatten, von den Aufenthaltsorten der Männer erfahren. Zu den von russischer Seite begangenen Verstössen und mutmasslichen Kriegsverbrechen gegen diese Gefangenen gehören möglicherweise rechtswidrige Inhaftierung und Geiselnahme, rechtswidrige Verbringung oder Deportation sowie gewaltsames Verschwindenlassen.
01.07.2022: In einem am 29. Juni 2022 veröffentlichten Bericht, der den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Mai 2022 abdeckt, stellt das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) fest, dass die russische Invasion in der Ukraine zu einer schwerwiegenden Verschlechterung der Menschenrechtslage im Land geführt habe, einschliesslich einer großen Zahl getöteter oder verletzter Zivilist*innen und massiver Zerstörungen von ziviler Infrastruktur und Wohnraum. In vielen Fällen missachteten die russischen und in geringerem Masse auch die ukrainischen Streitkräfte die Grundsätze der Unterscheidung, der Verhältnismässigkeit und der Vorsorge, die darauf abzielen, zivile Opfer und Schäden an zivilem Eigentum zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Der Konflikt würde auch von rechtswidrigen Tötungen, willkürlichen Verhaftungen und Verschwindenlassen, Folter und Misshandlung sowie konfliktbedingter sexueller Gewalt begleitet. Letztere seien vor allem von den russischen Streitkräften in den von ihnen kontrollierten Gebieten verübt worden, aber auch aus den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten seien Fälle gemeldet worden. Der Bericht weist auch auf Fälle von Zwangsrekrutierung von Männern durch mit Russland verbundene bewaffnete Gruppen in Donezk und Luhansk hin.
22.06.2022: Laut einer visuellen Beweisanalyse, hätten russische Streitkräfte vielerorts wiederholt «Waffen eingesetzt, die unterschiedslos töten, verstümmeln und zerstören», berichtet die New York Times. Viele dieser Waffen, darunter Haubitze und Artillerieraketen für Langstreckenangriffe, seien durch internationale Verträge verboten und wurden eingesetzt, um ukrainische Städte und Dörfer zu beschiessen. Die NYT schreibt, dass viele der Angriffe der russischen Streitkräfte, bei denen ungelenkte Langstreckenmunition eingesetzt worden seien, auf dicht besiedelte Gebiete mit ziviler Infrastruktur gezielt und Kirchen, Kindergärten, Krankenhäuser sowie Sporteinrichtungen getroffen hätten. Auf den analysierten Fotos sei auch Streumunition erkannt worden – Munition, die sich in der Luft aufspalte und kleinere Munitionsteile über ein grosses Gebiet verteile. Rund 20 Prozent dieser Munitionsteile explodiere beim Aufprall nicht und bleibe im Gebiet zurück, was eine grosse Gefahr für die Zivilbevölkerung bedeuteten würde. Weder die Ukraine noch Russland seien dem internationalen Vertrag zum Verbot des Einsatzes von Streumunition beigetreten.
19.06.2022: Die Washington Post weist auf ein weniger sichtbares Ereignis des Ukrainekriegs hin: Seit Monaten würden russische Soldaten Hunderte – vielleicht Tausende – von Zivilist*innen verschleppen. Behörden und Menschenrechtsaktivist*innen sagen, dass diese Fälle Teil eines Musters russischer Entführungen und Verschleppungen seien, einer militärischen Taktik, die die Bevölkerung terrorisieren und den zivilen Widerstand demoralisieren soll. Viele der Vermissten seien Opfer des sogenannten «Verschwindenlassens» – einer Inhaftierung mit anschliessendem Verschwinden, wobei sich die Entführer weigern würden, überhaupt zuzugeben, dass sie jemanden gefangen genommen hätten. Andere würden in Gefängnissen unter russischer Kontrolle festgehalten, manchmal im Tausch gegen gefangene russische Soldaten, oder um Informationen zu erhalten. Bei vielen anderen sei der Verbleib unklar: Einige seien wohl in Isolationshaft, andere wahrscheinlich tot. Jede vermisste Person hinterlasse zahlreiche verzweifelte Angehörige. Die ukrainische Regierung habe mindestens 765 Fälle von gewaltsamem «Verschwindenlassen» registriert. Ein Fall kann dabei mehrere verschwundene Personen bedeuten. Expert*innen und Behörden seien sich einig, dass die tatsächliche Zahl mit Sicherheit viel höher ist. So habe die ukrainische Polizei beispielsweise seit dem Einmarsch Russlands mehr als 9000 Vermisstenmeldungen erhalten.
15.06.2022: Im heute veröffentlichten Bericht «Anyone can die at any time: Indiscriminate attacks by Russian forces in Kharkiv, Ukraine» von Amnesty International werden Beweise dafür vorgelegt, dass russische Truppen wiederholt international geächtete Streumunition sowie Streuminen in dicht besiedelten Gebieten eingesetzt hätten. Dabei seien mehrere Hundert Zivilist*innen ums Leben gekommen. Amnesty fordert, dass die russischen Truppen, die für diese Angriffe verantwortlich seien, zur Rechenschaft gezogen werden. Ausserdem müssten alle Verletzten sowie die Angehörigen vollumfänglich entschädigt werden.
01.06.2022: Aktuell haben 54’699 Ukrainer*innen den S-Status beantragt, 51’860 Personen haben diesen bereits erhalten, vermeldet das SEM auf Twitter. Davon seien rund 30'000 Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter, so berichtet die NZZ. Laut Schätzung von Karin Keller-Sutter hätten bisher 2000 Personen einen Arbeitsplatz gefunden. Erst 570 Ukrainer*innen seien beim RAV als Stellensuchende gemeldet.
31.05.2022: ECRE gibt einen Überblick über die Praxis der europäischen Länder im Umgang mit ukrainischen Geflüchteten.
18.05.2022: Human Rights Watch (HRW) hat in einer neuen, sorgfältige Untersuchung weitere «abscheuliche, rechtswidrige und grausame» Kriegsverbrechen der russischen Truppen dokumentiert. Die russischen Streitkräfte, die von Ende Februar bis März 2022 einen Grossteil der Regionen Kiew und Tschernihiv im Nordosten der Ukraine kontrollierten, hätten demnach Zivilist*innen im Schnellverfahren hingerichtet, gefoltert und anderen schwerwiegenden Misshandlungen ausgesetzt. 21 Zivilist*innen berichteten HRW zudem von unrechtmässiger Inhaftierung unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen. HRW befragte zwischen dem 10. April und dem 10. Mai 65 Personen, darunter ehemalige Häftlinge, Überlebende der Folter, Familien der Opfer und andere Zeug*innen. HRW untersuchte auch physische Beweise an den Orten, an denen einige der mutmasslichen Misshandlungen stattfanden, sowie Fotos und Videos, die von Opfern und Zeug*innen zur Verfügung gestellt wurden. Bereits früher hatte HRW Kriegsverbrechen in Butscha und in weiteren von russischen Truppen kontrollierten Gebieten dokumentiert.
12.05.2022: Das SEM erwartet, dass bis im Herbst 80'000 bis 120'000 Ukrainer*innen in die Schweiz flüchten könnten, gibt David Keller, Leiter Krisenstab Asyl, an der Medienkonferenz zur Ukraine bekannt. Aktuell kämen täglich 300 bis 500 Menschen an. Man müsse damit rechnen, dass viele Geflüchtete mehrere Jahre in der Schweiz bleiben werden, ergänzt SODK-Generalsekretärin Gaby Szöllösy. Miriam Behrens, Direktorin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), gibt einen Überblick über die Betreuung von Gastfamilien. Momentan seien rund 25’000 Ukrainerinnen und Ukrainer privat untergebracht. Diese Gastfamilien könnten die kantonalen Behörden entlasten. Dazu müssten die Behörden aber vorerst auch diese Gastfamilien unterstützen. So könnten diese Familien zu einem Integrationsbooster werden. Das Modell könne später auch für andere Krisensituationen genutzt werden.
11.05.2022: UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi gibt in einem Interview beim ORF an, dass für die ukrainischen Flüchtlinge in Europa der dringendste Bedarf sei, in den Gastländern in die sozialen Unterstützungsdienste, Schulen und Gesundheitssysteme aufgenommen zu werden. Für viele sei die Situation dauerhaft schwierig, da der Krieg lange andauern könne. Deshalb seien auch langfristige Massnahmen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts in den Gastländern nötig. Besondere Aufmerksamkeit müsse den gefährdeten Gruppen wie Frauen und Kindern gewidmet werden. Grandi äusserte sich weiter sehr besorgt über die Situation der Menschen, die in der Ukraine aufgrund von Kriegshandlungen und Belagerungen blockiert seien und nicht fliehen könnten.
Schliesslich betonte der UNO-Flüchtlingshochkommissar, dass eine Ungleichbehandlung der Flüchtlinge problematisch sei. So sei es beschämend und rassistisch, zu sagen, dass die Menschen, die aus der Ukraine fliehen, «echte Flüchtlinge» seien und diejenigen, die aus anderen Teilen der Welt fliehen, nicht. Alle Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Diskriminierung fliehen, haben das Recht, Asyl zu beantragen.
04.05.2022:UN Women und CARE berichten, dass Frauen und Minderheiten vom Krieg in der Ukraine besonders betroffen seien, wenn es um die Zugänge zu Gesundheit, Sicherheit und zu Nahrungsmitteln geht. Dies gelte insbesondere für intern Vertriebene und marginalisierte Gruppen wie Witwen oder alleinstehenden Frauen, die alleine einen Haushalt führten, Roma, LGBTQIA+ und Menschen mit Behinderungen. Viele Betroffene aus Roma-Gemeinschaften berichteten von schwerer Diskriminierung, sowohl in ihrem täglichen Überlebenskampf als auch beim Zugang zu humanitärer Hilfe.
Die Rollenverteilung in der Ukraine ändere sich. Während viele Männer arbeitslos geworden seien und sich vor allem bei den Streitkräften engagierten, berichteten Frauen, dass sie neue Aufgaben und mehrere Jobs annehmen müssten, um das verlorene Familieneinkommen auszugleichen. Auch bei der humanitären Hilfe in den lokalen Gemeinschaften würden Frauen eine wichtige Rolle spielen. Obwohl sie in ihren Familien und Gemeinden zunehmend Führungsaufgaben übernehmen könnten, seien sie von den formalen, politischen und administrativen Entscheidungsprozessen, die ihr Leben direkt beträfen, weitgehend ausgeschlossen.
29.04.2022: Human Rights Watch (HRW) warnt, dass Geflüchtete aus der Ukraine –insbesondere Frauen und Mädchen – in Polen einem erhöhten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt, Menschenhandel und anderer Ausbeutung ausgesetzt sind. Grund dafür sei das Fehlen systematischer Schutz- und Sicherheitsmassnahmen sowie staatlicher Koordination. Einige Flüchtlinge seien laut HRW bereits zum Opfer von Ausbeutung und Missbrauch geworden. Eine 29-jährige Frau aus Kiew berichtete HRW beispielsweise, dass die Manager eines Clubs in Ostpolen, in dem sie einen Job als Tänzerin angenommen habe, versucht hätten, sie zur Sexarbeit zu zwingen und ihr den Lohn gekürzt hätten, als sie sich weigerte. Mitarbeitende in den polnischen Aufnahmestellen für Flüchtlinge, bei denen es sich zumeist um Freiwillige handle, seien zudem nicht darin geschult und unerfahren, Anzeichen für Sicherheitsrisiken für Frauen und Mädchen, einschliesslich Menschenhandel oder andere Ausbeutung, zu erkennen.
22.04.2022: Die WHO berichtet, dass die Situation für Menschen mit chronischen Krankheiten nach zwei Monaten Krieg in der Ukraine dramatisch ist. So ist einer von drei Haushalten, in denen mindestens eine chronisch kranke Person lebt, nicht in der Lage, benötigte Medikamente und Pflege sicherzustellen. Dies betrifft unter anderem Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs. Verhindert wird der Zugang durch die schlechte Sicherheitslage oder dadurch, dass in ihrer Nähe überhaupt keine Gesundheitsdienste mehr verfügbar sind. Laut WHO wurden bisher 162 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine gezählt.
19.04.2022: Laut UNHCR sind mittlerweile mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Es sei aber auch eine Bewegung zurück in das Land zu beobachten. Rund eine Million Grenzübertritte zurück in die Ukraine seien so seit 28.02.2022 registriert worden. Die gemeldeten Zahlen der einzelnen Grenzübertritte zurück in die Ukraine seien aber nicht unbedingt «Rückkehrende», und es seien noch keine Schlüsse auf endgültige Trends möglich. Diese Bewegungen können laut UNHCR schwanken, da die Situation in der Ukraine sehr volatil und unvorhersehbar bleibe. Ein Teil der Grenzübertritte scheinen zudem nur temporär zu sein (Einkauf von Gütern in der Ukraine, Bringen von Familienmitgliedern oder Besuche).
11.04.2022: Захистіть себе! – Schützen Sie sich! Der Bund lanciert eine Informationskampagne gegen Menschenhandel. Mit Flyern und Postern sollen Geflüchtete aus der Ukraine – mehrheitlich Frauen und Kinder – auf verschiedene Formen von Missbrauch aufmerksam gemacht werden. Auf dem Informationsmaterial sind zudem die wichtigsten Notfallkontakte sowie konkrete Ratschläge, wie sich Geflüchtete vor Missbräuchen schützen können, aufgeführt. Flyer und Poster stehen zur freien Verfügung und können auf der Kampagnenseite auf Ukrainisch, Russisch, Englisch, Französisch, Italienisch und Deutsch heruntergeladen werden.
Auch die Unterbringung bei Privaten birgt eine gewisse Gefahr vor Menschenhandel. Aus diesem Grund warnt die SFH immer wieder davor, Personen direkt an den Bahnhöfen abzuholen oder über die sozialen Medien Unterkünfte anzubieten. Nur eine Vermittlung über offiziellen Strukturen aus den Bundesasylzentren heraus, ermögliche genügend Kontrolle und somit die nötige Sicherheit für die Geflüchteten, so SFH-Direktorin Miriam Behrens in der SRF-Sendung Schweiz Aktuell.
11.04.2022: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) meldet auf Twitter, dass sich aktuell über 28‘000 Schutzsuchende aus der Ukraine in der Schweiz registriert haben. 24‘389 davon hätten bereits den Status S erhalten. Derzeit kämen rund 1000 Personen pro Tag in der Schweiz an, so David Keller vom SEM. Es sei mit 15‘000 bis 30‘000 Menschen pro Monat zu rechnen.
04.04.2022: Laut Human Rights Watch (HRW) haben die russischen Streitkräfte in den besetzten Gebieten von Tschernihiw, Charkiw und Kiew Verstösse gegen das Kriegsrecht an Zivilist*innen begangen. Zeug*innen aus den kürzlich von der ukrainischen Armee zurückeroberten Gebieten berichteten gegenüber HRW von summarischer Hinrichtung von mindestens sieben Zivilist*innen. Die Zeug*innen beobachteten auch Fällen von rechtswidriger Gewalt und Drohungen sowie eine widerholte Vergewaltigung einer Frau. Die russischen Streitkräfte seien auch für die Plünderung von zivilem Eigentum verantwortlich gemacht worden. Für HRW handelt es sich bei diesen Übergriffen eindeutig um Kriegsverbrechen.
04.04.2022: Reuters berichtet, dass ukrainische Staatsanwälte, die mit der Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen beauftragt waren, die Leichen von 410 Personen in Städten in der Nähe von Kiew entdeckt hätten. Die ukrainische Regierung hätte Russland beschuldigt, insbesondere in der Stadt Bucha ein «Massaker» verübt zu haben, wo laut verschiedenen Medienberichten, darunter Reuters, mindestens 300 Zivilisten von den russischen Streitkräften getötet worden sein sollten. Während einige Leichen in einem noch offenen Massengrab beerdigt worden seien, lagen andere noch auf den Strassen. Die Bilder der getöteten Zivilist*innen aus Bucha hätten in der Ukraine und im Ausland für Empörung gesorgt. Einige Länder forderten gar eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau, so beispielsweise Deutschland. Der Kreml seinerseits bestritt jegliche Beteiligung der russischen Streitkräfte und sprach von «Inszenierung» und «Provokation ukrainischer Radikaler».
28.03.2022: BBC berichtet, dass Menschenhändlerringe in der Ukraine und den Nachbarländern bereits in Friedenszeiten notorisch aktiv gewesen seien. Diese würden nun versuchen, im Nebel des Krieges ihr Geschäft auszuweiten. Insbesondere Kinder seien gefährdet. Lückenhafte Registrierungsverfahren in Polen und anderen Grenzregionen, vor allem zu Beginn des Krieges, hätten dazu geführt, dass Kinder verschwanden und ihr aktueller Aufenthaltsort unbekannt sei. BBC schildert weiter, dass Mitglieder des organisierten Menschenhandels in den Nachbarländern der Ukraine versuchen, flüchtende Frauen und Kinder mit falschen Versprechen in andere Länder zu bringen, um sie dort vermutlich für Prostitution auszubeuten. BBC erwähnt explizit einen Fall von mutmasslichen Menschenhändlern in Rumänien, die ukrainische Geflüchtete dazu drängen wollten, mit ihnen in die Schweiz zu reisen.
Auch die SFH warnt vor der Gefahr des Menschenhandels. SFH-Direktorin Miriam Behrens bittet deshalb Gastfamilien um Geduld bei der Zuteilung von Geflüchteten. Niemand solle an Bahnhöfen Geflüchtete abholen. Eine Kontrolle wäre so nicht möglich und Tür und Tor für Menschenhandel und Zwangsprostitution würden geöffnet.
28.03.2022: Bis heute hätten sich 17'204 Ukrainer*innen in der Schweiz registriert. 10'437 Personen erhielten bereits den Schutzstatus S, so vermeldet das SEM auf Twitter.
25.03.2022: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) schlägt den Kantonen vor, einen finanziellen Integrationsbeitrag von 3000 Franken pro Person zur Förderung des Spracherwerbs von geflüchteten Menschen aus der Ukraine zu bezahlen. Der Spracherwerb sei wichtig, damit die Betroffenen rasch eine Arbeit aufnehmen und am sozialen Leben teilnehmen könnten.
Normalerweise bezahlte der Bund eine Integrationspauschale von 18'000 Franken pro Person. Dies sei aber bei Ukrainer*innen nicht nötige, da die Integrationsprogramme auf das Näherbringen der Kultur ausgerichtet seien. Dies «braucht es für Europäer*innen ja nicht,» so Bundesrätin Karin Keller Sutter gegenüber dem Echo der Zeit.
23.03.2022: Laut der WHO würden rund 500'000 der ukrainischen Geflüchteten in Polen an psychischen Störungen leiden, so berichtet Reuters. 30'000 davon so schwer, dass sie dringend Unterstützung benötigen. Auch VOA Europe berichtet, dass viele Geflüchtete nach einer meist langen Flucht in Polen in einem Zustand extremer Erschöpfung ankommen würden und sofortige medizinische Hilfe benötigten. Dazu gehörten auch viele ältere oder kranke Menschen, die ihre Behandlung aufgrund ihrer Flucht oder eines Mangels an Medikamenten unterbrechen mussten. Der Zugang zu medizinischer Versorgung in der Ukraine, der seit Beginn des Krieges bereits stark eingeschränkt sei, werde durch die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen weiter eingeschränkt. Die WHO habe seit Beginn des Krieges 62 Angriffe auf solche Einrichtungen gezählt.
22.03.2022: Laut dem SEM haben sich bereits rund 12’000 Urkainer*innen in der Schweiz registriert. Der Status S wurde bereits 4518 Mal gewährt.
21.03.2022: Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement meldet, dass Bundesrätin Karin Keller-Sutter zum ersten Mal den Sonderstab Asyl (SONAS) einsetzt. Dieser wird von Staatssekretärin Christine Schraner Burgener vom SEM geleitet und soll als politisch-strategisches Führungsorgan mithelfen, die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Fluchtbewegung aus der Ukraine bewältigen.
21.03.2022: Laut UNHCR-Leiter Filippo Grandi habe die Zahl der Menschen, die ihrer Häuser und Wohnungen in der Ukraine verlassen mussten, die Zehn-Millionen-Grenze überschritten, so berichtet RFERL. Die meisten dieser Menschen seien innerhalb des Landes vertrieben worden. Bisher seien 3,4 Millionen Ukrainer*innen – hauptsächlich Frauen und Kinder– in die Nachbarländern geflüchtet. Hunderttausende Ukrainer*innen seien in belagerten Städten wie Mariupol eingeschlossen, wo ein Grossteil der 400’000 Einwohner*innen bisher nicht evakuiert konnte.
In der Schweiz seien bisher über 11'000 Ukrainer*innen registriert worden, davon konnten mehr als 4000 privat untergebracht werden, so meldet das SEM auf Twitter.
In Absprache mit dem SEM und dem Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) bieten die Schweizerische Flüchtlingshilfe und Campax ab sofort eine Plattform für die Immobilienbranche sowie Vermieter*innen und Mieter*innen, um die Behörden bei der Suche nach Wohnungen für ukrainische Geflüchtete zu unterstützen.
17.03.2022: Neu können schutzbedürftige Ukrainer*innen ihr Gesuch digital per Mail einreichen (PDF). Damit soll verhindert werden, dass Schutzsuchende mit ihren Kindern stundenlang in einer Schlange stehen müssten, so berichtet SRF. Laut David Keller, Leiter Krisenstab Asyl beim SEM, werde die neu geschaffene Möglichkeit rege genutzt und die langen Wartezeiten, die insbesondere für Kinder problematisch sei, konnten bereits etwas verkürzt werden. Keller gebe aber auch zu bedenken, dass die Mitarbeitenden in den BAZ derzeit viele Überstunden leisteten und durch Mitarbeitende aus anderen Abteilungen unterstützt würden. Dies könne nicht mehrere Monate so weiter gehen und es müssten zusätzlich bis zu 200 qualifizierte Personen eingestellt werden.
17.03.2022: Die Internationale Organisation für Migration (IOM) äussert sich besorgt über die Gefahr des Menschenhandels sowie der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs in der Ukraine und den umliegenden Ländern. Menschen, die vor dem Krieg geflohen seien, insbesondere Frauen und Kinder, befänden sich in einer schutzbedürftigen Situation, die von Menschenhändlern ausgenutzt werden könnte. Es seien bereits Fälle von sexueller Gewalt gemeldet worden. Laut IOM gebe es Hinweise, dass diese Gefahr auch von Personen ausgehe, die den Geflüchteten Transporte oder weitere Dienstleistungen versprechen. Bereits vor dem Krieg habe die IOM mehr als 1000 Opfer von Menschenhandel in der Ukraine identifiziert und unterstützt.
Auch die OSZE ist besorgt: Am 15.03 traf sich der Sonderbeauftragte und Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels mit den zuständigen Behörden von 17 OSZE-Teilnehmerstaaten, um die Gefahren des Menschenhandels im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu erörtern und konkrete Massnahmen zu ergreifen, um der Schutzbedürftigkeit von Menschen auf der Flucht Rechnung zu tragen und Menschenhandel zu verhindern. Laut OSZE seien Frauen und Kinder besonders schutzbedürftig und während ihrer Flucht oder bei ihrer Ankunft im Zielland einem hohen Risiko des Menschenhandels ausgesetzt.
16.03.2022: Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat sich mit dem Schweizerischen Arbeitgeberverband, dem Schweizerischen Gewerbeverband, dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund sowie mit Travail.Suisse über die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ausgetauscht. Die Sozialpartner zeigten sich bereit, zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen beizutragen, wie es in der Medienmitteilung des Bundes heisst. Die Schutzsuchenden können mit dem am 12. März aktivierten Schutzstatus S ohne Wartezeit eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz aufnehmen.
15.03.2022: Nach Angaben von UNICEF sind seit dem 24. Februar in der Ukraine zahlreiche Kinder getötet und viele weitere verletzt worden. Insgesamt mussten bisher bereits mehr als 1,5 Millionen Kinder aus dem Land fliehen. Im Durchschnitt seien so seit Beginn des Krieges jeden Tag mehr als 75’000 Kinder in der Ukraine auf der Flucht. Dies bedeute, dass durchschnittlich jede einzelne Minute 55 Kinder aus ihrem Land fliehen mussten. Oder, dass fast jede Sekunde seit Beginn des Krieges ein ukrainisches Kind zum Flüchtling wurde.
15.03.2022: Laut der Organisation für Migration (IOM) seien mittlerweile mehr als 3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. 5211 davon hätten sich laut dem Staatssekretariat für Migration SEM in der Schweiz registrieren lassen – 2121 seien privat untergebracht.
14.03.2022: Bereits über 3000 geflüchtete Ukrainer*innen hätten sich in der Schweiz registrieren lassen, berichtet die Zeitung Der Bund. Dabei sei es auch zu längeren Wartezeiten gekommen, wofür sich Staatssekretärin für Migration Christine Schraner Burgener an einem Medienanlass entschuldigt habe.
175 der Geflüchteten konnten bisher an private Familien vermittelt werden, sagt SFH-Direktorin Miriam Behrens gegenüber dem Bund. Mit dem Gastfamilienprojekt der SFH wurden bereits 45‘000 private Schlafplätze gefunden. Diese müssten aber überprüft werden, um die Sicherheit der Geflüchteten zu garantieren. Miriam Behrens mahnt aus diesem Grund zur Geduld.
11.03.2022: Der Bundesrat aktiviert den Status S für Geflüchtete aus der Ukraine. Damit erhielten sie gemäss Bundesrat ein Aufenthaltsrecht, ohne ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen zu müssen. Die Gültigkeit betrage ein Jahr, wobei eine Verlängerung möglich sei.
Der Arbeitsmarkt ist für Personen mit Status S ab sofort zugänglich und Kinder können die Schule besuchen. Zudem sei eine Familienzusammenführung für Schutzbedürftige möglich. Ob Integrationsmassnahmen wie Sprachkurse nötig seien, werde derzeit mit den Kantonen geprüft.
Die neue Regelung gelte auch für Personen aus Drittstaaten, welche die Ukraine wegen des Krieges verlassen mussten. Voraussetzung sei, dass diese vor ihrer Flucht über eine gültige ukrainische Aufenthaltsberechtigung verfügten und nicht sicher und dauerhaft in ihre Heimat zurückkehren könnten.
- In einer Medienmitteilung begrüsst die SFH den Entscheid des Bundesrates, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine rasch und unkompliziert aufzunehmen und umgehend Schutz zu gewähren. Zugleich gelte es aber, bei der Umsetzung und Anwendung auch den möglichen individuellen Schutzbedarf sowie die längerfristige Perspektive für die Betroffenen wie für die Kantone, Städte und Gemeinden angemessen zu berücksichtigen.
09.03.2022: Nach Angaben von UN OCHA wird die humanitäre Lage in der Ukraine von Tag zu Tag ernster. OCHA schätzt, dass rund 12 Millionen Menschen – fast 30 Prozent der gesamten Bevölkerung – lebensrettende humanitäre Hilfe benötigen.
09.03.2022: Der Warschauer Kriminologie-Professor Zbigniew Lasocik startete zusammen mit ehemaligen Student*innen an der polnisch-ukrainischen Grenze eine Informationskampagne für geflüchtete Frauen, wie er in der Zeitung Der Bund erzählt. Mit Plakaten und Flyern sollen die Geflüchteten auf die Gefahren von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung auf der Flucht aufmerksam gemacht werden. Auch grosse NGOs wie die Caritas sprechen laut dem Bund von einem «erhöhten Menschenhandel-Risiko».
09.03.2022: Laut den neuesten Zahlen von UNHCR sind seit Beginn der russischen Invasion mehr als 2'155’000 Personen aus der Ukraine geflohen –1,3 Millionen nach Polen, 203’000 nach Ungarn, 153'000 in die Slowakei, 99'000 in die Russische Föderation, 85'000 nach Rumänien und schliesslich 83'000 nach Moldawien. Mehr als 235’000 Geflüchtete sind in weitere europäische Länder weitergereist. Laut EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, habe die Europäische Union innerhalb von 12 Tagen so viele Geflüchtete aufgenommen wie während dem Höhepunkt der Syrienkrise 2015–2016, so berichtet Le Monde. Sie weist ausserdem darauf hin, dass nach ersten Schätzungen der Anteil der Kinder unter diesen Geflüchteten 50 Prozent betragen würde.
09.03.2022: Gemäss Al-Jazeera haben Russen, die sich entscheiden, ihr Land aufgrund der Invasion der Ukraine durch Russland und der entsprechenden Konsequenzen zu verlassen, nur sehr eingeschränkte Fluchtmöglichkeiten. Entweder verlassen sie das Land über die europäische Seite und begeben sich nach Finnland oder in einen der drei baltischen Staaten, oder sie gehen nach Georgien, Armenien oder die Türkei. Diejenigen, die über kein Visum für Europa verfügen, entscheiden sich für die zweite Möglichkeit. Aus Furcht vor den Konsequenzen der internationalen Sanktionen, aber auch wegen der zunehmenden Repression gegenüber kritischen Stimmen und dem Risiko, im Gefängnis zu landen, betrachten sich viele Russen als Flüchtlinge. Dies ist beispielsweise der Fall eines russischen Staatsangehörigen, der in seinem Heimatland als Journalist arbeitete. Wie er Al-Jazeera berichtet hat, droht ihm aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist in Russland eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren. Reuters berichtet, dass gemäss der staatlichen finnischen Eisenbahngesellschaft seit einigen Tagen täglich 700 Russinnen und Russen über die Strecke St. Petersburg-Helsinki in Finnland eintreffen. Zusätzlich versuchen Hunderte Russinnen und Russen ihr Land mit dem Auto zu verlassen und bleiben dabei in langen Schlangen vor den finnischen, estischen oder lettischen Grenzposten stecken.
07.03.2021: Der Guardian berichtete bereits letzte Woche, dass ein steigende Anzahl von Russ*innen ihr Land aus Angst vor dem befürchteten Kriegsrecht und den Konsequenzen des Krieges verlassen. Laut einem Artikel der NZZ sind die Ausreisemöglichkeiten aufgrund der Sanktionen eingeschränkt und der Zug von St. Petersburg nach Helsinki ist die einzige Eisenbahnstrecke, auf der man aus Russland derzeit noch in die EU kommt. Topi Simola, Verantwortlicher bei der finnischen Bahngesellschaft für den Passagiertransport, sagte vergangene Woche, dass vor allem russische Staatsbürger*innen nach Finnland reisten. Er habe den Eindruck, dass Geschäftsreisende und Diplomaten nur einen kleinen Teil ausmachten. Bei den meisten Passagieren sähe es danach aus, als ob sie mit einer längeren Abwesenheit von ihrem Heimatland rechneten. Andere Beobachter*innen gingen davon aus, dass es sich bei vielen um Russ*innen handle, die in einem EU-Land wohnten oder arbeiteten und gerade in ihrer Heimat gewesen seien. Sie wären vom Krieg völlig überrascht worden und hätten befürchtet, überhaupt nicht mehr aus dem Land zu kommen, wenn zum Beispiel das Kriegsrecht ausgerufen und die Grenzen geschlossen würden.
06.03.2022: Die SFH übernimmt die Koordination des schweizweiten Gastfamilienprojekts und ist höchst erfreut über die grosse Solidarität der Bevölkerung gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine. SFH-Direktorin Miriam Behrens erklärt in einem Interview in der SRF-Tagesschau, welche Bedürfnisse der Wohnraum abdecken sollte. Wollen auch Sie Wohnraum melden? Dann klicken Sie hier.
04.03.2022: Laut Human Rights Watch (HRW) haben russische Truppen Streumunition in Wohngebiete in Kharkiv geschossen. Mindestens drei Zivilist*innen seien dabei getötet worden. Die wahllosen Angriffe könnten gemäss HRW Kriegsverbrechen darstellen. Bereits zuvor hatten Amnesty International, HRW und Bellingcat den Einsatz von Streumunition gegen zivile Ziele dokumentiert.
04.03.2022: Der Bundesrat möchte den Schutzstatus S für ukrainische Flüchtlinge aktivieren. Mit diesem Status würden die Geflüchteten demnach rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz erhalten, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssten. Mit dem Status S könne sich die Schweiz der Lösung anschliessen, für die sich die EU-Mitgliedstaaten am Vortag mehrheitlich ausgesprochen haben. Der Bundesrat wird nun bis Mitte nächster Woche die Kantone und Partnerorganisationen konsultieren, bevor er definitiv über die Einführung entscheidet.
03.03.2022: Michelle Bachelet, die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, warnt, dass die russische Invasion massive Auswirkungen auf die Menschenrechte von Millionen von Menschen in der Ukraine hat. Die meisten zivilen Todesopfer sind wegen des Einsatzes von schwerer Artillerie, Mehrfachraketen und Luftangriffen auf bewohnte Gebiete zu beklagen. Es gibt besorgniserregende Berichte über den Einsatz von Streumunition auf zivile Ziele. An Wohngebäuden wurden massive Schäden verursacht. Der Einsatz von Waffen mit grossflächiger Wirkung in bewohnten städtischen Gebieten birgt die Gefahr, dass sie wahllos eingesetzt werden. Auch zahlreiche zivile Objekte, darunter ein Krankenhaus, Schulen und Kindergärten, sowie lebenswichtige Infrastrukturen wurden erheblich beschädigt. Die Versorgung mit Strom und Wasser sowie der Zugang zur Gesundheitsversorgung sind unterbrochen.
Mehr als zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen. Nach Schätzungen des UNHCR wurden mittlerweile eine Million Menschen intern vertrieben. Eine weitere Million haben in den vergangenen sieben Tagen in den Nachbarländern Schutz gesucht - oft nach tagelanger Reise mit dem Fahrrad oder zu Fuss bei eisigen Temperaturen. Das UNHCR schätzt, dass in den kommenden Wochen bis zu vier Millionen Menschen das Land verlassen könnten, wenn der Konflikt anhält.
03.03.2022: Die SFH fordert in einer Medienmitteilung, dass sich die Schweiz mittels Status S an der solidarischen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine beteiligt. Dabei ist es zwingend notwendig, dass der Bundesrat dessen Anwendung präzisiert und zeitgemäss ausgestaltet, um innerhalb Europas eine Gleichbehandlung der Geflüchteten zu gewährleisten. Verlauf und Dauer des Ukraine-Kriegs sind derzeit noch nicht absehbar; zumindest muss mit der Möglichkeit einer langfristigen Konfliktsituation gerechnet werden. Längerfristige Perspektiven für die Betroffenen auf einen stabilen Aufenthalt und Integration sind bei der Ausgestaltung der Schutzgewährung angemessen zu berücksichtigen.
02.03.2022: The Guardian berichtet, dass nicht-weisse Menschen, die aus der Ukraine fliehen, von polnischen Nationalist*innen angegriffen werden. Die Polizei in Polen habe demnach davor gewarnt, dass in den sozialen Medien gefälschte Berichte über Gewaltverbrechen von nicht-weissen Flüchtlingen aus der Ukraine kursieren. Polnische Nationalist*innen hätten in der Nacht zum 02.03. Gruppen von Menschen aus Afrika, Südasien und dem Nahen Osten, die die Grenze überquert hätten, angegriffen und misshandelt. Die schwarz gekleideten Angreifer hätten es auf Gruppen nicht-weisser Geflüchteten abgesehen, vor allem auf Student*innen, die nach der russischen Invasion aus ukrainischen Städten am Bahnhof Przemyśl in Polen angekommen waren. Nach Angaben der Polizei seien drei Inder von einer Gruppe von fünf Männern zusammengeschlagen worden, wobei einer davon im Krankenhaus behandelt werden musste.
02.03.2022: Laut dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) hat der Konflikt in der Ukraine bereits über 750 zivile Opfer gefordert – darunter 227 getötete und 525 verletzte Personen. Getötet worden seien bisher 31 Männer, 25 Frauen, 6 Jungen und 2 Mädchen. Von den übrigen 156 getöteten Erwachsenen und 6 Kindern sei das das Geschlecht unbekannt. Die Zahl der Opfer in den letzten sechs Tagen sei höher als die Zahl der Opfer, die in den Konfliktgebieten im Osten der Ukraine zwischen 2018 und 2021 zu verzeichnen waren. Das UNHCHR geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der zivilen Opfer viel höher ist, insbesondere in dem von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiet.
02.03.2022: Laut Deutsche Welle (DW) berichteten afrikanische Staatsangehörige, meist Student*innen, die zum Zeitpunkt der russischen Invasion in der Ukraine lebten, dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe Schwierigkeiten hatten, in Züge oder Busse zu steigen, um die Ukraine zu verlassen. Die ukrainischen Grenzbeamt*innen hätten Ukrainer*innen beim Grenzübertritt nach Polen Vorrang eingeräumt und sich gegen die Durchreise von Personen aus afrikanischen Ländern ausgesprochen. Diese seien an das Ende der Warteschlange verwiesen worden und hätten stundenlang in der Kälte warten müssen. Von den 75.000 ausländischen Studierenden in der Ukraine kommt fast ein Viertel aus afrikanischen Ländern. Die EU erklärte, dass die Grenzen auch für Menschen aus Drittländern, die in der Ukraine leben, geöffnet seien. Die polnische Regierung kündigte ihrerseits an, dass jeder, der aus der Ukraine geflohen sei, in das Land einreisen dürfe. Laut UN News erinnerte der Leiter des UNHCR, Filippo Grandi, daran, dass es «absolut keine Diskriminierung zwischen Ukrainer*innen und Nicht-Ukrainer*innen geben sollte. Europäer*innen und Nicht-Europäer*innen. Alle fliehen vor denselben Gefahren».
01.03.2022: Die Zahlen der Geflüchteten steigen weiter stark an: Laut Angaben des UNHCR sind in den letzten sechs Tagen bereits rund 660’000 Flüchtlinge aus der Ukraine in die Nachbarländer geflohen. Bei diesem Tempo drohe die Situation zur grössten Flüchtlingskrise in Europa in diesem Jahrhundert zu werden, so das UNHCR. Laut Angaben der BBC hatten bis am 01.03 um 12:30 mittags Ungarn 89'561 Menschen aufgenommen, Moldawien 56'064, die Slowakei 46'868, Rumänien 38'461 und Weissrussland 329. 51'797 Personen seien aus diesen Ländern in andere europäische Länder weitergereist.
Laut UNHCR seien mittlerweile mehr als 500'000 Ukrainer*innen vor der russischen Offensive in ein Nachbarland geflohen, so berichtet BBC. Rund 280'000 Personen seien in Polen aufgenommen worden – täglich kämen dort 50'000 Menschen dazu. Rund 71'000 Personen seien nach Ungarn, 43'000 nach Rumänien, 41'000 nach Moldawien und 18'000 in die Slowakei geflüchtet.
Die Zahl der ukrainischen Binnenvertriebenen werde auf 160’000 geschätzt. Nach Angaben der EU könne diese Zahl auf sieben Millionen ansteigen. Die EU bereite sich darauf vor, ukrainischen Geflüchteten ein allgemeines Aufenthalts- und Arbeitsrecht für bis zu drei Jahre zu gewähren. Ausserdem sollen sie Sozialhilfe, Zugang zu Wohnraum, medizinischer Versorgung und Schulbildung für Kinder erhalten.
28.02.2022: Die SFH fordert in einer Medienmitteilung den Bundesrat dazu auf, Geflüchteten aus der Ukraine rasch barrierefreien Schutz zu gewähren und ihnen ein Asylverfahren zu ermöglichen. Zudem müsse sich die Schweiz an den humanitären Massnahmen der EU beteiligen und Soforthilfe vor Ort leisten.
An einer Pressekonferenz des Bundesrates beteuert Justizministerin Karin Keller-Sutter, dass die Schweiz die Menschen in der Ukraine nicht im Stich lassen werde. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen in die Schweiz einreisen können, auch wenn sie keinen Pass hätten. Aufgrund des Schengen-Abkommens dürften Ukrainer*innen ohne Visa 90 Tage in der Schweiz bleiben. Darüber hinaus sollten sie einen Schutzstatus erhalten, der einen längeren Aufenthalt ermögliche, so Keller-Sutter.
Euronews berichtet, dass laut UNHCR seit Beginn der russischen Offensive 368’000 Ukrainer*innen gezwungen worden seien, aus ihren Häusern zu fliehen. Diese Menschen versuchten verzweifelt, in den Nachbarländern Zuflucht zu finden. So habe Polen innerhalb von 15 Stunden mehr als 45’000 Menschen aufgenommen. Es wird von Autoschlangen von mehr als 14 Kilometern Länge und von Wartezeiten von über 40 Stunden an der Grenze zu Polen berichtet. Die grosse Mehrheit der Geflüchteten seien Frauen und Kinder. Ukrainischen Männern zwischen 18 und 60 Jahren sei es verboten, das Land zu verlassen, um es zu verteidigen. UNHCR schätze, dass mehr als 4 Millionen Ukrainer*innen vertrieben werden könnten, falls der Konflikt weiterhin anhalte.
25.02.2022: ECRE-Direktorin Catherine Wollard thematisiert in ihrem Editorial «Ukraine Displacement: European Preparations and the Perpetual Solidarity Question» die Panikmache vor einer erneuten sogenannten «Flüchtlingskrise». ECRE habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Panikmache in die Hände der «starken Männern» spiele, welche die Menschen innerhalb und ausserhalb der EU ausbeuten. Die einzige Möglichkeit dies zu vermeiden bestehe laut Wollard darin, gemeinsam zu arbeiten und die Verantwortung kollektiv und solidarisch zu teilen. Diplomatische und politische Reaktionen seien zwar wichtig, aber die wahre Bewährungsprobe für die EU in dieser aktuellen Krise sei die Reaktion auf die Vertriebenen. Diese müsse menschlich und praktisch sein, unter voller Einhaltung aller rechtlichen Verpflichtungen.
25.02.2022: Bundesrätin Karin Keller-Sutter betont an der Pressekonferenz zur Europapolitik, dass es für die Menschen in Not in der Ukraine eine gesamteuropäische Solidarität brauche. Auch die Schweiz werde sich beteiligen und sie werde sich für einen Verteilschlüssel einsetzen. Die Schweiz sei darauf vorbereitet, Schutzsuchende aus der Ukraine aufzunehmen.
24.02.2022: Die SFH äussert sich in einer Medienmitteilung besorgt über die Folgen für die Zivilbevölkerung in der Ukraine. Es muss mit einer grossen Fluchtbewegung gerechnet werden. Die Europäischen Länder müssen sich nun rasch darauf vorbereiten und sich auf eine gemeinsame und solidarische Verantwortungsteilung einigen. Die Schweiz muss sich an Programmen zur Aufnahme von Geflüchteten beteiligen und die Erstaufnahmeländer unterstützen.
24.02.2022: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) meldet auf Twitter, dass die Behandlung von ukrainischen Asylgesuchen vorläufig eingestellt worden sei. Es werde nicht über hängige Gesuche entschieden, «bis sich die Lage vor Ort geklärt hat».
24.02.2022: Polen hat laut Al Jazeera angekündigt, neun Aufnahmezentren entlang seiner 535 Kilometer langen Grenze zur Ukraine zu eröffnen. Das Land rechne nach den russischen Angriffen auf die Ukraine mit einem Zustrom von Geflüchteten. Die Zentren sollen Mahlzeiten und medizinische Versorgung bieten sowie einen Ort, an dem sich die Menschen ausruhen und Informationen erhalten können.
24.02.2022: Wie das UNHCR am Donnerstag mitteilte, seien mehrere Tausend Ukrainer*innen in ihre Nachbarländer geflohen, insbesondere nach Moldawien und Rumänien. Weitere schätzungsweise 100’000 Ukrainer*innen hätten nach dem Einmarsch Russlands ihre Häuser verlassen müssen oder seien vertrieben worden.
22.02.2022: Die Europäische Union sei bereit und «gut vorbereitet», um Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen, erklärte Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres, gegenüber Euronews.
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