Iran

Iran

Nach der mutmasslichen Tötung einer jungen Frau wegen Verstosses gegen die Kleidervorschriften wurde der Iran im 2022 von landesweiten Protesten erschüttert, die durch Sicherheitskräfte mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden. Andersdenkenden drohen Misshandlungen, Folter und Todesstrafen. Wir setzen uns dafür ein, dass geflüchteten Demonstrierenden und weiteren Risikogruppen in der Schweiz Asyl gewährt wird.

Fluchtgründe

Die Menschenrechtslage in Iran ist seit Jahren äusserst problematisch. Die iranischen Behörden unterdrücken ihre eigene Bevölkerung. Der Sicherheits- und Geheimdienstapparat des Landes geht in Zusammenarbeit mit der iranischen Justiz hart gegen Andersdenkende vor. Folter und andere Misshandlungen sind weit verbreitet und werden systematisch eingesetzt.

Am 16. September 2022 verstarb die 22-jährige kurdische Iranerin Jîna Mahsa Amini in Haft. Sie war von der iranischen «Sittenpolizei» verhaftet worden, weil sie gegen die Kleidervorschriften verstossen haben soll. Ihr Tod löste landesweite Massenproteste aus, die bis 2023 andauerten. Die Sicherheitskräfte reagierten mit unverhältnismässiger Gewalt. Es wird von Hunderten durch die Sicherheitskräfte getöteten Menschen ausgegangen, darunter auch Kinder.

Die Kleidervorschriften werden seit Anfang 2023 repressiv durchgesetzt und «Verstösse» können hart bestraft werden. Ein neues Gesetz, welches unter anderem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für «Nacktheit» in der Öffentlichkeit vorsehen soll, wird aktuell beraten und steht kurz vor dem Inkrafttreten. Teile des neuen Gesetzes werden bereits von den Behörden umgesetzt.

In den vergangenen Jahren kam es im Land immer wieder zu regimekritischen Protesten, welche die Behörden mit brutaler Repression, Gewalt, scharfer Munition und willkürlichen Verhaftungen niederschlugen. Die Haftbedingungen sind unmenschlich und der Iran bleibt einer der führenden Vollstrecker der Todesstrafe. In Iran wurden im Jahr 2023 mindestens 834 Menschen hingerichtet. Die Zahl ist damit so hoch wie seit acht Jahren (2015) nicht mehr.

Auch religiöse Minderheiten, Frauen, kritische Aktivist*innen und Journalist*innen sowie LGBTQI+-Personen werden massiv unterdrückt und zu Haft, Auspeitschungen oder sogar Todesstrafen verurteilt.

Asylgesuche in der Schweiz

Seit Herbst 2022 sind die Asylgesuche von iranischen Staatsangehörigen angestiegen. Im gesamten Jahr 2023 wurden 556 Asylgesuche von Iranerinnen und Iraner bearbeitet, davon waren 472 primäre und 93 sekundäre Gesuche (Geburten, Familiennachzug, Mehrfachgesuche). Bis Ende Oktober 2024 wurden 327 Asylgesuche von Iranerinnen und Iraner bearbeitet: 241 Primär-Gesuche und 86 Sekundär-Gesuche.

Praxis der Schweizer Behörden

In der Schweiz gilt die Wegweisung nach Iran weiterhin als zumutbar. Die jüngsten Entwicklungen wurden nicht als eine «Situation allgemeiner Gewalt» eingestuft.

Für eine Anerkennung des Flüchtlingsstatus reicht gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Teilnahme an einer Demonstration nicht aus. Asyl wird nur Personen gewährt, deren Engagement über die typischen Aktivitäten der Masse hinausgeht und die daher vom Regime als ernsthafte und gefährliche Gegner wahrgenommen werden. Dies gilt sowohl für das Engagement im Iran als auch im Exil.

Anträge von Personen, die zum Christentum konvertiert sind, werden in der Schweiz oft mit der Begründung abgelehnt, dass sie ihren Glauben im Iran weiterhin «privat» ausüben könnten.

Schutzquote

83 Iranerinnern und Iraner erhielten im Jahr 2024 (Stand Ende Oktober) in der Schweiz Asyl, 77 Personen wurden vorläufig aufgenommen. Die Anerkennungsquote liegt bei 20,1%, die Schutzquote bei 38,7% (Zahlen nach SEM-Angaben).

Dafür setzen wir uns ein

  • Jüngste Entwicklungen müssen bei Asylentscheiden genügend berücksichtigt werden. Die brutale Niederschlagung der Proteste in Iran hat die bereits sehr kritische Menschenrechtslage und die Repression gegen Andersdenkende im Land verschärft. Die aktuelle Situation muss im Rahmen der Asyl- und Wegweisungsvollzugspraxis berücksichtigt werden. Anträge von iranischen Staatsangehörigen müssen sehr detailliert geprüft werden, um Personen mit einem Risikoprofil zu identifizieren. Trotz Abflachen der Proteste müssen damit im Zusammenhang stehende Fluchtgründe berücksichtigt und als relevant für die Asylgewährung betrachtet werden. Dies gilt auch für neue Anträge von Personen, die in der Vergangenheit abgelehnt wurden. Ihre Gründe müssen in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen im Land und einer möglichen erneuten Gefährdung erneut geprüft werden.
  • Schutz für regierungskritische Personen: Jede Person, die an den Protesten teilgenommen hat oder sich in anderer Weise sichtbar regierungskritisch gezeigt hat, muss damit rechnen, inhaftiert, gefoltert und extremer staatlicher Gewalt ausgesetzt zu werden.Ein politisches Profil oder eine wichtige Rolle bei der Organisation von Demonstrationen sollten für die Gewährung von Asyl nicht erforderlich sein. Die SFH fordert, dass geflüchtete Demonstrierende aus Iran in der Schweiz Asyl erhalten.
  • Schutz für zum Christentum Konvertierte und LGBTQI+-Personen. Religiöse Minderheiten sowie LGBTQI+-Personen werden in Iran unterdrückt und hart bestraft.Die SFH ist der Ansicht, dass niemand gezwungen werden sollte, seinen Glauben im Verborgenen zu leben. Dasselbe gilt für die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung von LGBTQI+-Personen. Diesen Personen ist Asyl zu gewähren.

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