Fluchtgründe
Der Bürgerkrieg, der das Land seit 2011 zerreisst, ist der wichtigste Fluchtgrund für Syrerinnen und Syrer.
Seit 2018 hat Baschar al-Assads Regime mit der Unterstützung der russischen und iranischen Armee nach und nach Gebiete zurückerobert, die noch unter Kontrolle der Oppositionskräfte waren. Die letzte Hochburg der Opposition ist Idlib, eine Provinz im Nordwesten, die sich in den Händen der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) befindet.
Die Türkei, die einen erneuten Zustrom von Geflüchteten an ihren Grenzen vermeiden möchte und die islamistischen Gruppen der Syrischen Nationalen Armee (SNA) unterstützt, kontrolliert grosse Gebiete im Norden Syriens. Trotz eines Waffenstillstands zwischen Russland und der Türkei im Jahr 2020 stellen die syrischen Streitkräfte nach wie vor eine Bedrohung für die Bevölkerung von Idlib dar.
Auch in weiteren Teilen des Landes bleibt die Sicherheitslage angespannt. Der Nordosten ist nach wie vor unter der Kontrolle der kurdischen Streitkräfte. Damaskus geht weiterhin nicht auf die Autonomieforderungen der Kurdinnen und Kurden ein und die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien für eine politische Lösung kommen nicht voran.
Die militärischen Auseinandersetzungen haben abgenommen, dennoch kommt es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen. Die syrische Regierung hat die repressiven Strukturen in den zurückeroberten Gebieten wieder aufgebaut. Jede Person, die im Verdacht steht, nicht absolut loyal zu sein, riskiert eine Verfolgung. Die Situation von Frauen und LGBTQI+-Personen hat sich in den letzten Jahren im Zuge des Krieges ebenfalls deutlich verschlechtert.
Asylgesuche in der Schweiz
Gemäss UNHCR mussten seit 2011 über 15 Millionen Menschen flüchten. Etwa 5,5 Millionen haben das Land verlassen und sind als Geflüchtete registriert. Der Grossteil lebt in den Nachbarländern Syriens, vor allem in der Türkei, im Libanon und in Jordanien, und hat kaum eine Zukunftsperspektive.
Syrien ist eines der wichtigsten Herkunftsländer von Asylsuchenden in der Schweiz. 2023 haben 1417 syrische Staatsangehörige ein Asylgesuch eingereicht. Es handelt sich bei 874 Gesuchen um Primärgesuche und bei 543 um Sekundärgesuche (Familiennachzug, Geburten, Mehrfachgesuche).
Praxis der Schweizer Behörden
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) vertritt die Ansicht, dass alle Teilnehmenden an regimefeindlichen Demonstrationen, sollten sie von den staatlichen syrischen Sicherheitskräften identifiziert worden sein, einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sind. Das BVGer ist gleichzeitig der Auffassung, dass im Norden des Landes nur die hochrangigen politischen Gegner der Partei der Demokratischen Union PYD asylrelevante Verfolgung erleiden. Was die Wehrdienstverweigerung betrifft, so vertritt das BVGer die Haltung, dass eine solche nicht per se die Flüchtlingseigenschaft begründet, erkennt jedoch an, dass Wehrdienstverweigerung vom Regime als feindliche Handlung gegen die Regierung angesehen werden kann, insbesondere im Falle von politischen Aktivitäten von Oppositionellen.
Schutzstatus
In der Schweiz wird Bürgerkrieg nicht als ausreichender Grund für die Gewährung von Asyl erachtet, da keine gezielte Verfolgung vorliegt (Art. 3 AsylG). Aufgrund eines Bürgerkriegs vertriebenen Menschen wird in der Regel eine vorläufige Aufnahme (Bewilligung F) gewährt. Dies ist bei einem Grossteil der Syrerinnen und Syrer der Fall.
Im Jahr 2023 haben in insgesamt 1326 abgeschlossenen Fällen 581 Syrerinnen und Syrer Asyl erhalten, 485 mal wurde eine vorläufige Aufnahme gewährt. Die Anerkennungsquote lag somit bei 45,9 Prozent und die Schutzquote (Asylgewährungen plus die vorläufigen Aufnahmen zum Total aller Entscheide) bei 84,2 Prozent. Die übrigen syrischen Gesuchstellenden erhielten entweder einen Negativentscheid oder einen Dublin-Nichteintretensentscheid.
Dafür setzen wir uns ein
Seit Beginn des Konflikts in Syrien sind zahlreiche Syrerinnen und Syrer geflüchtet, vor allem in die Nachbarländer Libanon und Türkei. Ihre Situation dort ist schwierig und sie werden nicht als Flüchtlinge anerkannt. Für die grosse Mehrheit ist eine Rückkehr nach Syrien bis heute unmöglich oder sehr schwierig.
- Reaktivierung des Resettlement-Programms für die Neuansiedlung in Drittstaaten. Das Resettlement-Programm für Geflüchtete wurde durch die Schweiz Ende November 2022 ausgesetzt. Resettlement-Programme für die Neuansiedlung in Drittstaaten wie der Schweiz bieten den verletzlichsten und zur Flucht gezwungenen Menschen Hoffnung. Die Situation in Syrien ist noch immer katastrophal, deshalb setzt sich die SFH für die Reaktivierung des Resettlement-Programms unter anderem für syrische Geflüchtete ein.
- Recht auf eine Aufenthaltsbewilligung nach fünf Jahren, wenn eine Rückkehr nicht zumutbar ist. Ein Teil der syrischen Asylsuchenden in der Schweiz erhält nur eine vorläufige Aufnahme. Angesichts der komplexen Situation in ihrem Land können sie nicht dorthin zurückkehren. Sie bleiben somit mehrere Jahre in der Schweiz und haben aufgrund der vorläufigen Aufnahme nur eingeschränkte Rechte. Die SFH setzt sich dafür ein, dass vorläufig Aufgenommene nach fünf Jahren eine Aufenthaltsbewilligung erhalten können, wenn der Wegweisungsvollzug nicht zumutbar ist. Dies würde ihnen eine Perspektive bezüglich ihres Aufenthaltsrechtes geben.