Rechtsgrundlagen

Für die Gewährung von Asyl gelten in der Schweiz nationale, europäische und internationale Rechtsgrundlagen und Abkommen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Schweiz diese und die Menschenrechtsstandards einhält und damit die Rechte von Asylsuchenden vollumfänglich respektiert werden.

Jeder Mensch hat das Recht, ein anderes Land um Asyl zu ersuchen. Wer dies in der Schweiz tut, kann mündlich oder schriftlich ein Asylgesuch stellen und muss ein Asylverfahren durchlaufen. Die Schweizer Behörden prüfen jedes Asylgesuch rechtlich, wobei die Grundlagen und Abkommen für Asyl nationales, europäisches und internationales Recht umfassen.

Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)

Die Genfer Flüchtlingskonvention, spez. das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, war zunächst darauf beschränkt hauptsächlich europäische Geflüchtete direkt nach dem 2. Weltkrieg zu schützen. Mit dem sogenannten New Yorker Protokoll von 1967 wurde es ausgeweitet: zeitlich auf Geschehnisse nach 1951 und geografisch auf Geflüchtete ausserhalb Europas. Die Schweiz hat das Abkommen 1955 und das Protokoll 1968 unterzeichnet. Für den Flüchtlingsschutz stellt dieses völkerrechtliche Abkommen das wichtigste internationale Instrument dar. Es garantiert Geflüchteten ein Minimum an Rechten in dem Staat, wo sie Schutz suchen. 

Der Flüchtlingsbegriff gründet auf der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 1 A GFK). Für die rechtliche Anerkennung einer Person als Flüchtling gelten gemäss der GFK folgende Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen:

  • Die Person hat ihr Herkunftsland verlassen. Flüchtet sie von ihrem Wohnort an einen anderen Ort in ihrem Herkunftsland gilt sie als intern vertriebene Person.
  • Die Person hat eine begründete Furcht vor einer Verfolgung bei ihrer Rückkehr. Dazu gehört die Gefährdung der elementarsten Menschenrechte wie die Gefährdung des Rechts auf Leben, die Gefährdung des Leibes oder des Rechts auf Freiheit. Diese subjektive Furcht muss nicht bewiesen werden, sie muss aber glaubhaft gemacht werden, also begründet und objektiv nachvollziehbar sein.
  • Die Person wird aufgrund einer bestimmten persönlichen Eigenschaft verfolgt, namentlich: Wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauung/en. Entscheidend für die Zuschreibung dieser Merkmale ist ausschliesslich die Perspektive des Verfolgers. Auch geschlechtsspezifische Fluchtgründe müssen berücksichtigt werden im Rahmen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
  • Die Verfolgung muss individuell und zielgerichtet sein.
  • Es ist der Person nicht möglich und zumutbar, sich an einem anderen Ort innerhalb ihres Landes niederzulassen (keine inländische Fluchtalternative).
  • Es liegen keine Ausschlussgründe vor (vgl. Art 1 D-F GFK). Solche Gründe bestehen zum Beispiel, wenn die Person ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat.

Das Rückschiebungsverbot, das sogenannte «Non-Refoulement-Gebot» (Art. 33 GFK), ist ebenfalls  in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert. Es verbietet die Auslieferung, Ausweisung oder Rückschiebung einer gefüchteten Person in ein Land, wo ihr Verfolgung droht. Das Non-Refoulement-Gebot muss auch bei Asylsuchenden im laufenden Verfahren eingehalten werden, weil bis zum Abschluss des Verfahrens noch nicht klar ist, ob sie die Flüchtlingseigenschaft erfüllen oder nicht.

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Der Europarat hat 1950 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unter dem Eindruck der Gräuel des Zweiten Weltkriegs verabschiedet. Heute ist sie das wichtigste europäische Dokument zum Schutz der Menschenrechte. Die Schweiz hat die Konvention 1974 unterzeichnet und ausserdem sechs Zusatzprotokolle der EMRK ratifiziert. Die wesentlichen Garantien der Konvention sind auch in der schweizerischen Bundesverfassung von 1999 (Art. 7 bis 34) enthalten.

In der EMRK finden sich verschiedene Bestimmungen, die für das Schweizerische Asylrecht von besonderer Bedeutung sind: Art. 3 EMRK – Verbot der Folter sowie von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (menschenrechtliches Non-Refoulement-Gebot), Art. 5 EMRK – Recht auf Freiheit und Sicherheit, Art. 8 EMRK – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und Art. 13 EMRK – Recht auf eine wirksame Beschwerde.

Schweizerische Bundesverfassung (BV)

Die Bundesverfassung enthält das Grundrecht von ausländischen Personen, bei drohender Verfolgung, Folter oder unmenschlicher Behandlung nicht zurückgewiesen zu werden (Art. 25 Abs. 2 und 3). Weiter gewährt die Bundesverfassung den Schutz der Menschenwürde (Art. 7), das Recht auf Hilfe in Notlagen (Nothilfe, Art. 12), das Recht auf Ehe und Familie (Art. 14), sowie weitere Grundrechte. Auch garantiert die Bundesverfassung einen Anspruch auf ein faires Verfahren und den Zugang zu einem Gericht (Art. 29-30), und enthält Garantien für den Freiheitsentzug (Art. 31).

Schweizerisches Asylgesetz (AsylG)

Das Schweizerische Asylgesetz (AsylG) definiert, wer als Flüchtling anerkannt und wem Asyl gewährt wird. Der Flüchtlingsbegriff (Art. 3) entspricht dabei dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Schweizerische Asylgesetz regelt die Ausgestaltung des Asylverfahrens sowie verschiedene Aspekte des Aufenthalts von Personen, die in der Schweiz um Schutz ersucht haben z.B. die Regelung der Anwesenheit, die Unterbringung, die Bedingungen für den Aufenthaltsstatus, die Bedingungen für den Nachzug von Familienangehörigen, den Zugang zur Erwerbstätigkeit, den Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, denAnspruch auf Krankenversicherung oder den Anspruch auf Integrationsmassnahmen.

Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG)

EU-Asylrecht und das Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen

Die EU-Mitgliedsstaaten bemühen sich seit den 1990er Jahren um eine Vereinheitlichung der Asylpolitik. Die rechtliche Grundlage für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) legte 1999 der Amsterdamer Vertrag. Es legt gemeinsame Mindeststandards für die Behandlung von Asylanträgen und den Umgang mit Schutzsuchenden fest. Die Grundlage hierfür bildet die Genfer Flüchtlingskonvention und das Zusatzprotokoll von 1967. Zudem müssen die Rechte im Einklang mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen. Umgesetzt wird das GEAS durch spezifische EU-Rechtsinstrumente.

Dazu zählen die Qualifikationsrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie, die  Aufnahmerichtlinie, die Dublin-III-Verordnung (mit dazugehöriger Durchführungsverordnung und Eurodac-Verordnung). Weitere asylrechtlich relevante Richtlinien sind die Richtlinie zur Familienzusammenführung, die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz sowie die Rückführungsrichtlinie.

Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen

Mit dem Schengen-Abkommen verschwanden die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Schengen-Staaten. Das sogenannte Dublin-System regelt deshalb, welcher Staat für die Behandlung eines Asylgesuchs zuständig ist. Mit den Assoziierungsabkommen zu Schengen und Dublin hat sich die Schweiz verpflichtet, die fortlaufenden Änderungen in diesen Bereichen umzusetzen.

Für die Schweiz direkt verbindlich sind aufgrund der Schengen-/Dublin-Assoziierungsabkommen die Dublin-III-Verordnung (inkl. Durchführungsverordnung), die Eurodac-Verordnung sowie die Rückführungsrichtlinie.

Antifolterkonvention der Vereinten Nationen

Das Abkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK) ist im Bereich des Asylrechts wegen des Rückschiebungsverbots bei drohender Folter (Art. 3 FoK) von Bedeutung.

Kinderrechtskonvention

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

Dieses UNO-Abkommen vom 16. Dezember 1966, das für die Schweiz am 18. September 1992 in Kraft getreten ist, stellt ein bedeutendes universelles Menschenrechtsinstrument dar. Es enthält Garantien zu den klassischen Menschenrechten und Grundfreiheiten und ist für den Asylbereich relevant, indem es ein Verbot von Folter sowie grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Art. 7) umfasst.

Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)

Die Istanbul-Konvention wurde am 11. Mai 2011 vom Europarat abgeschlossen und trat für die Schweiz am 1. April 2018 in Kraft. Sie ist von Bedeutung auch in Bezug auf Frauen, die Opfer von Gewalt wurden und die Schweiz um Asyl ersuchen, wie beispielsweise Opfer von Menschenhandel. Die Konvention verpflichtet die Staaten zu verschiedenen Massnahmen in den Bereichen Prävention, Schutz und Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen.

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