FluchtgrĂŒnde
Obwohl der bewaffnete Konflikt zwischen der von der singhalesisch-buddhistischen Mehrheit dominierten Regierung Sri Lankas und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) seit 2009 beendet ist, stehen Angehörige der tamilischen Minderheit, die verdĂ€chtigt werden, Verbindungen zur LTTE zu haben, weiterhin unter verstĂ€rkter und oft einschĂŒchternder staatlicher Ăberwachung.
2022 erlebte Sri Lanka die schwerste Wirtschaftskrise seit 75 Jahren und war im Mai zahlungsunfĂ€hig. Grundnahrungsmittel sind fĂŒr viele Familien unerschwinglich geworden, die Wirtschaftskrise wirkt sich zudem dramatisch auf den Zugang zu Gesundheitsdiensten aus. Der Internationale WĂ€hrungsfonds hat im MĂ€rz 2023 ein Rettungspaket in Höhe von drei Milliarden Dollar fĂŒr Sri Lanka bewilligt. Es ist jedoch ungewiss, wie lange es dauert, bis sich die Wirtschaft erholen und die Situation fĂŒr die Bevölkerung nachhaltig verbessern wird.
Der bisherige PrĂ€sident Gotababya Rajapaksa war im Juli 2022 unter dem Druck von Massenprotesten aufgrund der Wirtschaftslage zurĂŒckgetreten. Daraufhin wurde Ranil Wickremesinghe, ein Vertreter der alten politischen Elite, als neuer StaatsprĂ€sident vereidigt. Wickremesinghe hat in der Folge mit harten Massnahmen auf weitere Proteste reagiert. FĂŒhrende Protestierende wurden mit Anti-Terror-Gesetzen inhaftiert. Die Menschenrechtslage ist in Sri Lanka auch unter dem neuen PrĂ€sidenten besorgniserregend.
Die MilitĂ€rprĂ€senz und Ăberwachung im Norden des Landes sind weiterhin gross, ebenso der Druck sowie die Ăberwachung und Schikane durch SicherheitskrĂ€fte und Geheimdienste gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschenrechtsaktivist*innen.
Asylgesuche in der Schweiz
Seit mehreren Jahren zÀhlt Sri Lanka zu den wichtigsten HerkunftslÀndern von Asylsuchenden in der Schweiz. Im Jahr 2024 (Stand Ende Oktober) stellten 398 Personen aus Sri Lanka ein Asylgesuch. Davon waren 252 PrimÀrgesuche und 146 SekundÀrgesuche (Geburten, Familiennachzug, Mehrfachgesuche). Im Vergleich registrierte das SEM im Jahr 2023 488 Asylgesuche von Personen aus Sri Lanka.
Praxis der Schweizer Behörden
Die Praxis der Schweizer Behörden in Bezug auf sri-lankische Asylsuchende ist seit 2016 generell wieder restriktiver geworden. Nach EinschĂ€tzung des Bundesverwaltungsgerichts sind Wegweisungen in die Nord- und Ostprovinz grundsĂ€tzlich zumutbar. In die vom damaligen Konflikt stark betroffene Vanni-Region sind diese unter bestimmten Bedingungen ebenfalls möglich. Aufgrund der gegenwĂ€rtigen Wirtschaftskrise sieht das Gericht allerdings mittlerweile das sri-lankische Gesundheitssystem stark belastet. Es verlangt deshalb seit 2023 bei Vorliegen medizinischer Probleme eine sorgfĂ€ltige AbklĂ€rung, welche Behandlung und Medikamente eine Person braucht und inwieweit sie diese bei einer RĂŒckkehr in Sri Lanka tatsĂ€chlich erhĂ€lt. Es finden aktuell sowohl freiwillige als auch ZwangsrĂŒckfĂŒhrungen von Personen statt.
Schutzquote
Im Jahr 2024 (Stand Ende Oktober) wurden 374 FĂ€lle aus Sri Lanka entschieden. In 74 FĂ€llen wurde Asyl gewĂ€hrt und in nur 21 FĂ€llen wurde auf vorlĂ€ufige Aufnahme entschieden. Die Schutzquote (Anteil der AsylgewĂ€hrungen plus vorlĂ€ufige Aufnahmen zum Total aller Entscheide) betrug im Jahr 2024 (Stand Ende Oktober) nach Angaben des SEM 26.5%. Der Grossteil der restlichen Asylsuchenden erhielt einen Dublin-Nichteintretensentscheid, was bedeutet, dass ein anderer Dublin-Staat fĂŒr ihr Gesuch zustĂ€ndig ist.
DafĂŒr setzen wir uns ein
- Keine RĂŒckfĂŒhrungen nach Sri Lanka: Die ErnĂ€hrungssicherheit der Bevölkerung in Sri Lanka ist weiterhin gefĂ€hrdet, medizinische Behandlungen sind stark eingeschrĂ€nkt und die Menschenrechtslage ist weiterhin besorgniserregend. Auf RĂŒckfĂŒhrungen nach Sri Lanka soll deshalb verzichtet werden, bis sich die Lage stabilisiert hat.
- BerĂŒcksichtigung der aktuellen Entwicklungen bei Asylentscheiden: Die aktuelle Situation (Wirtschaftskrise und schwierige Menschenrechtslage) muss im Rahmen der Asyl- und Wegweisungsvollzugspraxis berĂŒcksichtigt werden. Das Staatssekretariat fĂŒr Migration (SEM) muss in jedem Einzelfall sorgfĂ€ltig prĂŒfen, ob eine GefĂ€hrdung vorliegt bzw. ob der Wegweisungsvollzug unzumutbar ist. Im Zweifel soll die vorlĂ€ufige Aufnahme gewĂ€hrt werden.