Die Situation geflüchteter Menschen in Kroatien ist in vielerlei Hinsicht sehr problematisch. Was verschiedene Medien seit Monaten berichten, bestätigten inzwischen sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als auch der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT). Der Bericht des CPT dokumentiert ein erschreckendes Ausmass an Menschenrechtsverletzungen in Form von Push-Backs und Misshandlung von Geflüchteten an der kroatischen Grenze. Der CPT hat die kroatischen Behörden dazu aufgerufen, die Misshandlungen zu stoppen und eine rasche Untersuchung der Vorfälle sicherzustellen. Die Vorfälle lassen Zweifel aufkommen, dass die generelle Annahme, Kroatien würde seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, aufrechterhalten werden kann.
Aber auch innerhalb des Landes selbst präsentiert sich die Situation für Geflüchtete als sehr schwierig. Dies gilt insbesondere für besonders verletzliche Menschen mit psychischen Problemen. Trotzdem werden solche Schutzsuchenden nach Kroatien überstellt, auch von der Schweiz. Die SFH hat deshalb den Zugang zu psychologischer und psychiatrischer Behandlung in Kroatien untersucht und dazu einen Bericht publiziert.
Kaum Zugang zu langfristigen Therapien
Der Bericht der SFH zeigt auf, dass der Zugang zu Behandlung von psychischen Problemen in Kroatien selbst für Staatsangehörige schwierig ist. Umso mehr gilt dies für Personen, die der Landessprache nicht mächtig sind. Ihre Chancen auf eine stabile langfristige Behandlung sind minimal. Lücken bei der Krankenversicherung sowie der Mangel an Übersetzenden sowohl im Asyl- und Migrationsbereich wie auch allgemein im Sozialwesen und in der Bildung führen dazu, dass die psychischen Probleme von Asylsuchenden und Schutzberechtigen in Kroatien oftmals unbehandelt bleiben. Die wenigen Übersetzenden sind überlastet. Zusätzlich fehlt es in Kroatien an Identifikationsmechanismen für vulnerable Personen, zu denen auch Personen mit psychischen Erkrankungen zählen. In der Folge bleiben die Auswirkungen von Traumata und chronischem Stress auf die psychische Gesundheit von Geflüchteten unerkannt und unbehandelt.
Wie der Bericht im Weiteren aufzeigt, überlässt der Staat sämtliche Unterstützung und Behandlungen von psychisch erkrankten Menschen gemeinnützigen Organisationen; er finanziert einige ihrer Aktivitäten, leistet aber selbst keine Unterstützung.
Die SFH rät aufgrund ihrer Erkenntnisse von Kroatien-Überstellungen von Personen, die auf eine psychologische oder psychiatrische Behandlung angewiesen sind, ab.
Die psychische Gesundheit sollte immer vorrangig beachtet werden. Die SFH rät deshalb generell von der Überstellung von Personen mit schweren psychischen Erkrankungen in andere Dublin- oder sichere Drittstaaten ab, wenn diese nicht im Interesse der betroffenen Person liegen.