SFH fordert: Keine Dublin-Rückführungen nach Kroatien

20. Februar 2025

Ein Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) zeigt erneut Mängel im kroatischen Asylsystem auf. Die SFH empfiehlt auf Überstellungen von Asylsuchenden nach Kroatien zu verzichten angesichts systematischer Pushbacks, Polizeigewalt, eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung und einem instabilen Asylsystem.

Nach wie vor gibt es nachweislich systematische Vorfälle unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Geflüchteten durch die kroatische Polizei sowie systematische Pushbacks von Schutzsuchenden an den kroatischen EU-Aussengrenzen. Dennoch gehen die Schweizer Behörden und das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich davon aus, dass sich Kroatien an seine völkerrechtlichen Verpflichtungen hält, und schicken im Rahmen des Dublin-Verfahrens Personen dorthin zurück. Aus Sicht der SFH ist die Position der Schweiz jedoch unhaltbar angesichts der gut dokumentierten Menschenrechtsverletzungen.  

Es gibt noch weitere Schwachpunkte im kroatischen Asylsystem, wie eine Abklärungsreise der SFH belegt. Dabei besuchte die SFH im Oktober 2024 Asylzentren und sprach mit Expertinnen und Experten von NGO, Behörden und weiteren Institutionen sowie mit Geflüchteten. Die daraus gewonnen Erkenntnisse zeigen unter anderem die starke Belastung des kroatischen Gesundheitswesens auf: Gerade für Personen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen ist es schwierig, die erforderliche regelmässige Behandlung zu erhalten. So ist beispielsweise eine psychiatrische Versorgung, wie sie etwa traumatisierte Personen benötigen, nur sehr limitiert verfügbar. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Dolmetschenden. 

Asylsystem nicht belastbar

Übereinstimmend mit der Einschätzung zahlreicher Interviewpartner*innen kommt die SFH weiter zum Schluss, dass das kroatische Asylsystem dem Druck von hohen Gesuchszahlen oder einer erhöhten Anzahl Personen mit schweren gesundheitlichen Problemen nicht standhalten würde. Die Behörden haben bereits heute mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen, was sich in der sehr geringen Anzahl an Asylentscheidungen widerspiegelt (2023: 164 Asylentscheide von 68‘114 Asylgesuchen). Aus Sicht der SFH sollte daher das kroatische Asylsystem nicht zusätzlich durch Dublin-Rückkehrende aus anderen europäischen Ländern belastet werden. 

Wegweisung für Opfer von Polizeigewalt unzumutbar

Aus all diesen Gründen empfiehlt die SFH, auf Dublin-Überstellungen nach Kroatien zu verzichten. Insbesondere fordert sie, dass verletzliche Personen, die auf regelmässige Gesundheitsversorgung angewiesen sind, nicht nach Kroatien zurückgeführt werden. Für Personen, die in Kroatien Opfer von Polizeigewalt geworden sind, ist die Wegweisung dorthin aus Sicht der SFH unzumutbar. 

Wird eine Dublin-Überstellung von den Schweizer Behörden nach genauer Prüfung dennoch für zulässig befunden, so muss bei der Durchführung das Prinzip der Verhältnismässigkeit gewahrt werden: Insbesondere Zwangsüberstellungen, bei denen Personen ohne Vorankündigung mitten in der Nacht von der Polizei aus ihren Unterkünften geholt werden, sind zu vermeiden. Denn diese Praxis führt zu (Re-)Traumatisierungen und ist unverhältnismässig. Die SFH fordert zudem mit Nachdruck, dass Betroffene nicht aus laufenden medizinischen Behandlungen oder aus medizinischen Einrichtungen abgeholt und direkt nach Kroatien überstellt werden. 

Für faire Chancen. Gemeinsam für Geflüchtete.

Jetzt spenden