Das 24-Stunden-Verfahren wurde eingeführt mit dem Ziel, die Asylgesuche von Personen aus den Maghrebstaaten schneller abzuschliessen und die Anzahl Gesuche aus dieser Region insgesamt zu verringern.
Tatsächlich ist jedoch die Anzahl von Asylgesuchen aus dem Maghreb im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vor Einführung des 24-Stunden-Verfahrens leicht angestiegen. Ausserdem stammen rund 13.6 % aller Asylgesuche von Januar bis April dieses Jahres von Personen aus dem Maghreb. Dieser Anteil hat sich von Mai bis Juli, d.h. nach Einführung des 24-Stunden-Verfahrens, auf 15% erhöht.
Risiko für besonders verletzliche Personen
Das seit 2019 geltende Asylverfahren ist bereits per Gesetz stark beschleunigt. Die SFH ist nach wie vor besorgt, dass mit dieser weiteren Beschleunigung die Asylgesuche ungenügend abgeklärt werden und insbesondere vulnerable Personen nicht frühzeitig entdeckt und unterstützt werden. Die Verfahrensrechte müssen in allen Fällen gewährleistet sein.
Aufgrund seiner besonderen Beschleunigung führt das 24-Stunden-Verfahren zu einer unterschiedlichen Behandlung von Asylsuchenden aufgrund ihrer Herkunft. Aus Sicht der SFH gefährdet dies die Einheitlichkeit des Verfahrens. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) ist dafür verantwortlich, dass alle Asylsuchenden ihre Rechte in gleicher Weise wahrnehmen können.
Zweck nicht erfüllt
Die beabsichtigte Wirkung ist bisher nicht ersichtlich: neben der Zu- statt Abnahme der Asylgesuche aus dem Maghreb warten Asylsuchende nach dem beschleunigten Verfahrensablauf teilweise viel länger als 24 Stunden auf ihren Entscheid. Aus Sicht der SFH erfüllt das 24-Stunden-Verfahren nicht seinen ankündigten Zweck, gefährdet aber nach wie vor die Verfahrensrechte. Es ist daher zu beenden.
Die Ausweitung des 24-Stunden-Verfahrens auf die ganze Schweiz erfolgte ohne eine unabhängige Evaluation des Pilotprojekts. Die SFH fordert Bundesrat und SEM erneut dazu auf, eine solche Evaluation in quantitativer und qualitativer Hinsicht vornehmen zu lassen.