Die SVP forderte schon lange einen Asylstopp für Geflüchtete, die durch sichere Staaten in die Schweiz kommen, und die Rückschaffung von Kriegsvertriebenen mit einer vorläufigen Aufnahme (Ausweis F). Von Letzteren behauptet sie fälschlicherweise, dass sie kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz haben. Mit ihrer 10-Millionen-Initiative möchte die SVP den Weg für ihre radikalen Ziele ebnen – mit weitreichenden Konsequenzen für die Geflüchteten.
Obergrenze nicht vereinbar mit Völkerrecht
Mit der Initiative soll ein starrer Grenzwert von zehn Millionen Einwohner*innen in der Verfassung verankert werden. Ein solcher rigoroser Zuwanderungsstopp ist nicht vereinbar mit europäischem und internationalem Flüchtlingsrecht. Die Initiative fordert denn auch ab Erreichen der Obergrenze die Kündigung «bevölkerungstreibender internationaler Abkommen» auf den nächstmöglichen Termin. Betroffen sind davon neben dem Personenfreizügigkeitsabkommen auch etwa die Genfer Flüchtlings- und die Europäische Menschenrechtskonvention sowie die Abkommen von Schengen und Dublin, die unter anderem die europäische Zusammenarbeit im Flüchtlingsbereich regeln. Die Initiative hätte daher nicht nur weitreichende Konsequenzen für Wirtschaft und Wohlstand – es sind insbesondere auch geflüchtete Frauen, Kinder und Männer, die in der Schweiz Schutz suchen, akut bedroht. Der Bundesrat bekräftigt in seiner heute verabschiedeten Botschaft denn auch seine Ablehnung der 10-Millionen-Initiative der SVP.
Rechte der Kriegsvertriebenen werden zuerst geopfert
Sobald die Bevölkerungszahl von 9.5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht wird, soll Kriegsvertriebenen, die als vorläufig Aufgenommene bereits mit dem Ausweis F in der Schweiz leben, ein dauerhaftes Bleiberecht verweigert werden. Dies gilt absurderweise auch für Personen, die bereits gut integriert sind, einer Arbeit nachgehen und Steuern zahlen. Auch einzuschränken ist ab diesem Zeitpunkt der Familiennachzug – ein weiterer Bruch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit der UNO-Kinderrechtskonvention.
Initiative mit Fragezeichen
Vollkommen offen lässt die Initiative, was mit Geflüchteten geschehen soll, die nach Erreichen der 10-Millionen-Obergrenze Schutz in der Schweiz suchen. Der Vorbehalt des zwingenden Völkerrechtes (Non-Refoulement) wird in der Initiative für die Übergangsbestimmungen ab 9.5 Millionen Einwohner*innen im Kontext der vorläufigen Aufnahme geltend gemacht. Ab 10 Millionen Einwohner*innen können Grenzschliessungen und Pushbacks an den Schweizer Grenzen – ein Verstoss gegen das zwingende Völkerrecht – aber nicht ausgeschlossen werden, insbesondere weil das Ziel der Initiative die strikte Begrenzung der Zuwanderung ist und sie explizit fordert, dass «alle «zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Einhaltung des Grenzwertes» ergriffen werden müssen.
Initiative macht Geflüchtete zum Sündenbock
Die im Flüchtlingsbereich geforderten Massnahmen sind völlig unverhältnismässig und haben kaum Auswirkungen auf die Zuwanderung, die in den letzten Jahren nur zu 7% auf Geflüchtete und zu 5% auf Schutzsuchende aus der Ukraine zurückgeht. Der Asylbereich machte 2023 auch nur gerade 2.5% der ständigen Wohnbevölkerung aus – trotz dem Krieg in der Ukraine und den zehntausenden Geflüchteten im Status S. Die radikale Initiative macht damit ausgerechnet Menschen, die bereits vor Krieg, Terror und Folter fliehen mussten, zum Sündenbock und zur Zielscheibe für Diskriminierung und Rassismus. Die SFH wird die Initiative deshalb entschieden bekämpfen.

Lionel Walter
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