Session: Kein Verbot des Familiennachzugs für Kriegsvertriebene

18. Dezember 2024

Der Ständerat hat heute den Fehlentscheid des Nationalrats korrigiert und die Abschaffung des Familiennachzugs für Kriegsvertriebene abgelehnt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst diesen Entscheid, der im Einklang mit Verfassung und Völkerrecht steht. Sie nimmt aber mit Sorge zur Kenntnis, dass der Entscheid nur sehr knapp zustande gekommen ist. Die SFH fordert das Parlament daher auf, sich auf seine Verantwortung zu besinnen und die Grundsätze von Rechtsstaat und Flüchtlingsschutz konsequent zu gewährleisten.

Die SFH hat wiederholt davor gewarnt, dass das von zwei SVP-Motionen geforderte Verbot des Familiennachzugs für vorläufig aufgenommene Personen das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens verletzt. Dieses gilt unabhängig von Herkunft und Status und ist in der Bundesverfassung wie in mehreren von der Schweiz ratifizierten internationalen Abkommen verankert (EMRK, UNO-Pakt II, UNO-Kinderrechtskonvention). Die SFH begrüsst daher ausdrücklich den heutigen Entscheid des Ständerates, der ein solches Verbot dank einer knappen Mehrheit von SP, Grünen, GLP und Teilen der Mitte abgelehnt hat. 

Der Ständerat korrigiert damit den Fehlentscheid des Nationalrates, der dem Verbot des Familiennachzugs in der Herbstsession mit grossem Mehr zugestimmt hatte. Die SFH konstatiert dies mit Sorge: Grosse Teile des Parlaments waren offenkundig bereit, für ein politisches Zeichen der Härte einen eklatanten Verstoss gegen verfassungsrechtliche Vorgaben und völkerrechtliche Verpflichtungen in Kauf zu nehmen. Angesichts dessen fordert die SFH das Parlament auf, sich auf seine Verantwortung zu besinnen und die Grundsätze von Rechtsstaat und Flüchtlingsschutz konsequent zu gewährleisten.  

Einheitlicher Schutzstatus und gleiche Rechte

Vorläufig aufgenommen Personen (Ausweis F) sind in der Regel Vertriebene, die in der Schweiz Schutz vor Krieg und Gewalt finden und nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren können. Entgegen der missverständlichen Bezeichnung «vorläufige Aufnahme» und anders als in der politischen Debatte fälschlicherweise immer wieder behauptet wird, haben die Betroffenen ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz und sind nicht ausreisepflichtig. Eine Wegweisung in ihre Herkunftsländer ist unzulässig oder unzumutbar.  

Kriegsvertriebene haben einen vergleichbaren Schutzbedarf wie anerkannte Flüchtlinge. Wie lange eine Kriegssituation anhält, lässt sich im Voraus nicht abschätzen. Erfahrungsgemäss dauert es mehrere Jahre. Deshalb ist eine rasche und nachhaltige Integration und Teilhabe sowohl im Interesse der Betroffenen als auch der Schweizer Gesellschaft. Als Grundlage brauchen alle Geflüchteten, die von der Schweiz als schutzbedürftig anerkannt worden sind, gleiche Rechte. Die vorläufige Aufnahme und der Status S sollen deshalb durch einen einheitlichen humanitären Schutzstatus ersetzt werden, der den Betroffenen dieselben Rechte gewährt wie anerkannten Flüchtlingen mit Asyl. 

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