In der Nacht hatten Wohncontainer im Innern und Zelte ausserhalb des Lagers Feuer gefangen. Das Lager wurde in der Folge gemäss Informationen des stellvertretenden Gouverneurs von Lesbos völlig zerstört. Bereits in der Nacht hatten die Behörden gemäss griechischen Medienberichten das Lager evakuiert. Gewisse Lagerinsassen befanden sich aber angeblich noch auf der Insel und waren in die umliegenden Wälder und auf Hügel geflüchtet. Videos in sozialen Netzwerken zeigten herumirrende, verängstige Menschen.
Griechenland ist längst zum Versuchslabor für Europas Abwehr- und Abschreckungsmassnahmen geworden. Die Katastrophe von Moria ist eine auf Ansage. Über 12'000 Menschen haben zuletzt im Lager gelebt, das für knapp 3’000 Personen konzipiert war. Die hygienischen Zustände waren unhaltbar und die Sicherheitssituation hat sich laufend verschlechtert. Die SFH hat in der Vergangenheit immer wieder auf die desolaten Zustände in Moria hingewiesen und eine Evakuierung aller Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln gefordert. Auch hat sie die offizielle Schweiz wiederholt aufgefordert, ihr Engagement zu verstärken und möglichst viele Schutzsuchende aus den griechischen Elendslagern in die Schweiz zu holen. Hierzu hat sie im April 2020 zusammen mit 132 anderen Organisationen eine Petition unterstützt. Diese wurde in der Folge von über 50'000 Menschen unterzeichnet.
Die Situation in Moria hat sich in den zurückliegenden Wochen weiter verschärft. Vor kurzem wurde bekannt, dass der erste Lagerinsasse positiv auf Covid-19 getestet wurde. Inzwischen sollen sich im Lager 35 Personen mit dem Virus infiziert haben. Die unklare Situation über den Umgang mit den Erkrankten soll am Anfang der Brandkatastrophe von letzter Nacht gestanden haben.
Die offizielle Schweiz ist nun mehr denn je aufgefordert, ihre Verantwortung in Griechenland wahrzunehmen. Das Lager in Moria ist komplett zu räumen und die Insassen sind in Sicherheit zu bringen. In der Folge ist der Bund dazu aufgerufen, möglichst viele dieser Schutzsuchenden zwecks Prüfung des Asylantrags in die Schweiz zu holen. Ihnen muss in der Schweiz ein faires Asylverfahren, adäquate Unterbringung und Betreuung gewährt werden. Ermutigende Zeichen kommen derweil von der lange untätigen EU. Gemäss Aussagen der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat diese zugesagt, in einem ersten Schritt den unverzüglichen Transfer und die Unterbringung der verbleibenden 400 unbegleiteten Kinder und Jugendlichen auf dem Festland zu finanzieren. Allerdings ist es beschämend, dass es einen Brand braucht, damit sich die EU auch nur ein kleines Stück bewegt.