Geflüchtete Person in der Schule

Wer gleich nach der Einreise mit Sprachkursen beginnt, lernt schneller und besser

10. Oktober 2023

Wie wirkt sich die frühzeitige Sprachförderung für Asylsuchende im erweiterten Verfahren aus? Mit einem vierjährigen Pilotprojekt hat das Staatsekretariat für Migration (SEM) dies untersucht und kürzlich dazu einen Bericht veröffentlicht. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst das ausgewertete Pilotprogramm, bedauert aber, dass der Bund die frühzeitige Sprachförderung nach wie vor nicht verbindlich regeln möchte.

Der Bund und die Kantone fördern die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt mit der Integrationsagenda (IAS). Seit der Inkraftsetzung im Mai 2019 erhalten die Kantone einmalig pauschal pro Person 18‘000 Franken. Mit diesem Geld soll auch die Sprachkompetenz, ein Schlüssel zum Arbeitsmarkt und damit zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit, gefördert werden. Die Integrationspauschalen des Bundes dürfen zwar im Ermessen der Kantone auch für Sprache und Bildung von Asylsuchenden im erweiterten Verfahren eingesetzt werden, es fehlen aber verbindliche Vorgaben oder Ziele dazu. Entsprechend unterschiedlich gestaltet sich die Situation in den Kantonen für Asylsuchende im erweiterten Verfahren. Mit dem Pilotprogramm «Frühzeitige Sprachförderung (FSF)» hat das SEM genau für diese Gruppe von Asylsuchenden eine intensive Sprachförderung ermöglicht. Rund 1‘600 Asylsuchende erhielten dadurch von 2018 bis 2021 bereits vor ihrem Asylentscheid intensiven Sprachunterricht. Das Programm wurde in 17 Kantonen umgesetzt, ausgewertet und in einem kürzlich publizierten Schlussbericht bewertet.

Resultate der frühen Sprachförderung

Das ursprünglich auf 3‘600 Teilnehmende ausgerichtete Programm wurde unter anderem wegen der Neustrukturierung des Asylbereichs, angesichts der damaligen tieferen Zahlen an Asylgesuchen sowie der Corona-Pandemie im Untersuchungszeitraum nicht voll ausgeschöpft. Trotzdem zeigt sich: Rund 86 Prozent erreichten das festgelegte Ziel des Sprachniveaus A1 schriftlich nach einem Jahr Unterricht. Die Hälfte der Teilnehmenden erreichte auch das zweite Programmziel, mündliche Sprachkenntnisse auf Niveau A2. Dabei hat eine rasche Zuweisung nach Einreise einen positiven Effekt auf die Lernkurve der Teilnehmenden. Zudem erweisen sich Begleitmassnahmen wie Mentoring-Programme oder Grundkompetenzkurse als hilfreich. Schwierigkeiten bei der Umsetzung zeigten sich hingegen, wenn die Unterrichtsklassen heterogen oder wechselnd zusammengesetzt waren oder etwa wenn Möglichkeiten zur Kinderbetreuung fehlten.

Die SFH begrüsst, dass der Bund ein Pilotprogramm zur frühzeitigen Sprachförderung von Asylsuchenden im erweiterten Verfahren durchgeführt und evaluiert hat. Er hat damit einen wichtigen Impuls für die frühzeitige Sprachförderung in den Kantonen geleistet. Wegen der Einführung der Integrationsagenda ist keine Verstetigung des Programms geplant. Die Empfehlungen der IAS sind für Asylsuchende im erweiterten Verfahren jedoch nicht verbindlich. Die SFH bedauert diesen Entscheid. Sie ist der Ansicht, dass es für die gesamtschweizerische Förderung von Asylsuchenden im erweiterten Verfahren eine verbindliche Regelung zur Umsetzung der frühzeitigen Sprachförderung und eine gesicherte Finanzierung braucht.

Lesen Sie dazu die Erfahrungen unseres Bildungsmitarbeiters Cihan Dilber. Das Interview zeigt exemplarisch die hohe Relevanz der Sprachförderung und die kantonal und kommunal unterschiedlich ausgestaltete Unterstützung der Geflüchteten.

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