Sechs Rügen des UNO-Antifolterausschusses – die Schweiz reagiert nicht

30. August 2023

Der Antifolterausschuss der UNO (CAT) hat zum sechsten Mal die Schweiz im Zusammenhang mit Eritrea gerügt. Der Ausschuss hat festgestellt, dass ein Wegweisungsentscheid der Schweiz nach Eritrea gegen das Non-Refoulement-Gebot verstösst.

Der Ausschuss stützt seine Begründung bei seiner jüngsten Rüge auf Berichte des UNO-Sonderberichterstatters zur Menschenrechtslage in Eritrea (CAT-Entscheid). Dieser stellte fest, dass Personen allein aufgrund ihrer Desertation oder ihrer Verweigerung, den Militärdienst anzutreten, gefährdet sind.

Bei einer Rückkehr drohen Haft und Folter

Darüber hinaus bestätigte der UNO-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage in Eritrea im Juni 2021, dass Asylsuchende, die nach Eritrea zurückgeschickt werden, bei ihrer Rückkehr mit schweren Strafen rechnen müssen. Dabei werden die Familien über den Verbleib der Angehörigen im Ungewissen gelassen. Vor allem drohen aber Folter und Misshandlungen.

Der UNO-Antifolterausschuss hat die jüngste Rüge auch damit begründet, dass der UNO-Sonderberichterstatter in einer Erklärung vor dem Menschenrechtsrat am 4. März 2022 betonte, dass sich die Menschenrechtslage in Eritrea keineswegs verbessert habe. Der UNO-Sonderberichterstatter weist in seinem aktuellsten Bericht vom Mai 2023 auf neu festgestellte Verschlechterungen der Menschenrechtslage hin.

Schweizer Behörden ordnen weiterhin Wegweisungen an

Das Bundesverwaltungsgericht bestreitet zwar nicht, dass abgewiesene Asylsuchende bei einer Rückkehr nach Eritrea in den Nationaldienst eingezogen werden können und dass die Umstände im Nationaldienst einer «grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung» gleichkommen. Trotzdem werden weiterhin Wegweisungen nach Eritrea angeordnet und vom Gericht bestätigt.

Mit dem Krieg in Äthiopien und dessen Folgen sollte auch die Asylpraxis angepasst werden

Die Schweiz verschärfte 2016 die Asyl- und Wegweisungspraxis gegenüber Asylsuchenden aus Eritrea: Die illegale Ausreise und der drohende Einzug in den Nationaldienst führen nicht mehr automatisch zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Seit 2016 gilt denn auch eine Wegweisung nach Eritrea grundsätzlich als zumutbar. Diese Verschärfungen kritisierte die Schweizerischen Flüchtlingshilfe SFH bereits damals mit deutlichen Worten.

Die SFH wiederholt anlässlich dieses Entscheids erneut ihre seit Jahren geforderten Änderungen der Asyl- und Wegweisungspraxis zu Eritrea. Dem Schutzgedanken muss stärker Rechnung getragen werden. Wegweisungsentscheide der Schweizer Behörden gegen Eritrea verstossen gegen das Folterverbot. Zum sechsten Mal hat dies nun der UNO-Folterausschluss bestätigt. Anstatt Wegweisungsurteile mit Mutmassungen zu begründen, sollten sich die Entscheide der Schweizer Behörden auf die Einschätzungen des UNO-Antifolterausschusses und die Berichte des UNO-Sonderberichterstatters für Eritrea stützen.

Wenn eine asylrelevante Verfolgung verneint wird, ist auf der Grundlage aktueller Informationen zur Menschenrechtslage und zur Rückkehrgefährdung statt einer Wegweisung mit unbekannten Folgen eine vorläufige Aufnahme zu gewähren.

Die Menschenrechtslage hat sich in den letzten Jahren auch im Zusammenhang mit dem Krieg in der äthiopischen Tigray-Region in Eritrea verschlechtert. Eritrea hat die Zwangsrekrutierungen intensiviert. Entsprechend ist die Schweizer Asylpraxis zu Eritrea heute weniger denn je nachvollziehbar.

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