Am 21. Juni 2021 errang die «Wohlstandspartei» von Abiy Ahmed in Äthiopien bei sogenannten «freien» Wahlen einen erdrutschartigen Sieg. Prominente Oppositionsführer hatten die Wahl jedoch boykottiert, nachdem sie willkürlich verhaftet oder ihre Büros verwüstet worden waren.
Abiy Ahmed amtet seit April 2018 als äthiopischer Premierminister. Sein Amtsantritt weckte sowohl bei der heimischen Bevölkerung als auch bei der internationalen Gemeinschaft viele Hoffnungen. 2019 wurde er für die Umsetzung mehrerer Reformen und die Unterzeichnung eines Friedensabkommens mit dem benachbarten Eritrea sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Hoffnungen wurden jedoch rasch enttäuscht: Im ganzen Land kam es zu politischen, ethnischen und sozialen Spannungen. Seit November 2020 führen die Streitkräfte der Zentralregierung mit Unterstützung eritreischer Truppen und amharischer Milizen in der Region Tigray einen brutalen Krieg gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (Tigray People Liberation Front, TPLF). Die Tigray Defence Force (TDF), der militärische Arm der TPLF, hat inzwischen einen Grossteil ihrer Heimatregion zurückerobert und die Streitkräfte von Abiy Ahmed im Juli 2021 zum Rückzug gezwungen. Dennoch setzen sich die Kämpfe fort.
Verheerender Konflikt im Norden
Nach Angaben der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, tangieren Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen nach wie vor alle am Konflikt beteiligten Parteien. Menschenrechtsorganisationen haben Massaker und sexuelle Gewalt dokumentiert, so unter anderem Amnesty International in einem im August 2021 veröffentlichten Bericht.
Seit Beginn der Kämpfe wurden über 10’000 Menschen getötet und mehr als 1,7 Millionen zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen, davon fanden im Sudan 60‘000 Vertriebene Zuflucht. Die humanitäre Lage für die in der Region zurückgebliebenen Menschen ist dramatisch: Rund 400’000 Personen sind von einer akuten Hungersnot betroffen, während die humanitäre Hilfe noch nicht im Land angekommen ist. Fast 2,5 Millionen Menschen sind auf eine medizinische Versorgung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO und ihre Partner angewiesen.
Länderabende über Äthiopien
Die SFH will die Öffentlichkeit über eines der Herkunftsländer von Asylsuchenden in der Schweiz informieren. Deshalb veranstaltet sie mit Unterstützung des Nationalen Forschungsschwerpunktes LIVES zwei Informationsabende über Äthiopien. Sie werden als Onlineveranstaltung am Mittwoch, 27. Oktober 2021 auf Deutsch und als Präsenzveranstaltung am Donnerstag, 4. November in Lausanne auf Französisch stattfinden.
Auf dem Programm stehen die Sicherheitslage in Äthiopien, die Risiken für bestimmte Personengruppen und die Schweizer Asylrechtspraxis gegenüber äthiopischen Staatsangehörigen. Beide Veranstaltungen werden mit dem Erfahrungsbericht eines oder einer äthiopischen Geflüchteten abgeschlossen.