Transitabkommen: teuer, wirkungslos und unverhältnismässig

10. Juni 2024

Der Nationalrat entscheidet heute über eine FDP-Motion, die ein Transitabkommen mit einem Drittstaat fordert, um abgewiesene eritreische Asylsuchende aus der Schweiz dorthin abzuschieben. Aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) geht es dabei um reine Symbolpolitik, da Eritrea aus keinem Land der Welt Rückführungen akzeptiert. Die SFH lehnt solche Pläne zur Auslagerung des Wegweisungsvollzugs grundsätzlich ab, zumal diese aufgrund gravierender politischer und rechtlicher Probleme nicht umsetzbar sind. Sie fordert daher den Nationalrat auf, den Vorstoss abzulehnen.

Die Motion aus den Reihen der FDP will den Wegweisungsvollzug ans Ausland abwälzen: Sie fordert vom Bundesrat, ein Transitabkommen mit einem Drittstaat wie etwa Ruanda auszuhandeln, um abgewiesene eritreische Asylsuchende aus der Schweiz dorthin abzuschieben. Von diesem Drittstaat aus sollen die Betroffenen dann nach Eritrea zurückkehren – freiwillig oder zwangsweise. Der Ständerat hat dem Vorhaben bereits zugestimmt, heute entscheidet der Nationalrat darüber.

Teure Symbolpolitik

Aus Sicht der SFH ist der FDP-Vorstoss reine Symbolpolitik. Das eritreische Regime unterstützt und akzeptiert keine Zwangsrückführungen eigener Staatsangehöriger. Die Betroffenen werden zudem auch aus einem Transitland nicht freiwillig in die eritreische Diktatur zurückzukehren, in der ihnen Verfolgung und Gefahr für Leib und Leben droht.

Das bedeutet: Die Schweiz müsste die betroffenen Personen gemäss Transitabkommen wieder aufnehmen, da die Ausschaffung aus dem Transitland nach Eritrea nicht gelingen kann. Das Modell ist somit teuer, wirkungslos und in Anbetracht der aktuell weniger als 280 ausreisepflichtigen Eritreer*innen absolut unverhältnismässig.

Verantwortung wahrnehmen statt abwälzen

Die SFH lehnt die Externalisierung von Asylverfahren, Schutzverpflichtungen und Wegweisungsvollzug in Drittstaaten grundsätzlich ab. Die Schweiz kann die Umsetzung ihrer Gesetze und ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen in einem Drittstaat nicht umfassend wahrnehmen und gewährleisten. Es drohen insbesondere eklatante Verstösse gegen völkerrechtliche Verpflichtungen und internationale Menschenrechtsnormen wie das Non-Refoulement-Gebot, wonach Geflüchtete nicht in Länder zurückgeschafft werden dürfen, in denen ihnen Gefahr, Folter oder unmenschliche Behandlung drohen. Das gilt für Asylsuchende gleichermassen wir für Ausreisepflichtige.

Anstatt die Schutzverantwortung auf Drittstaaten abzuwälzen, sollte die Schweiz aus Sicht der SFH diese selbst wahrnehmen und abgewiesenen Asylsuchenden für die Dauer ihres Aufenthalts hierzulande ein Leben in Würde ermöglichen.

Die SFH fordert den Nationalrat deshalb auf, den Fehlentscheid des Ständerates zu korrigieren und den Vorstoss für ein Transitabkommen zur Abschiebung abgewiesener eritreischer Asylsuchender in einen Drittstaat abzulehnen.

Zum Hintergrund:

Die Motion Gössi 23.4440 «Rückführung von Eritreern, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Abschluss eines Transitabkommens mit einem Drittstaat» fordert vom Bundesrat, ein Transitabkommen mit einem Drittstaat auszuhandeln. Damit soll der Wegweisungsvollzug von abgewiesenen eritreischen Asylsuchenden ausgelagert und dann von diesem Drittstaat aus durchgeführt werden.

Das Prinzip solcher Abkommen: Die Schweiz schiebt aufgrund des Transitabkommens ausreisepflichtige Eritreer*innen in das Transitland ab. Von dort aus sollen die Betroffenen dann innert einer im Transitabkommen vereinbarten Frist entweder freiwillig nach Eritrea zurückkehren oder zwangsweise vom Transitland zurückgeführt werden. Die Betroffenen bleiben also nicht im Transitland, sondern nur für die gesetzte Frist des Transits. Für den Fall, dass die Weiterreise nach Eritrea nicht innerhalb der vereinbaren Frist erfolgt, enthalten solche Transitabkommen jeweils eine Rückübernahmeklausel. Das heisst: Die ins Transitland überstellten eritreischen Asylsuchenden müssten somit nach Ablauf der vereinbarten Frist wieder in der Schweiz aufgenommen werden.

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