Ausschaffungen per Sonderflug: Auch viele Familien sind betroffen

13. Juli 2023

Wer mit einem Flugzeug oder gar mit einem Sonderflug die Schweiz verlassen muss, kann von den Behörden unverhĂ€ltnismĂ€ssigen Zwang erleben. Dies hĂ€lt die Nationale Kommission zur VerhĂŒtung von Folter (NKVF) in ihrem Jahresbericht fest, der am 13. Juli veröffentlicht wurde. Im Bericht wird deutlich: Auch viele Familien sind betroffen.

Die Schweizerische FlĂŒchtlingshilfe (SFH) nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass 2022 viele Familien mit kleinen Kindern von den Ausschaffungen per Sonderflug betroffen waren. Insgesamt waren es 16 Familien mit 32 Kindern. Dies entspricht einer Zunahme im Vergleich zum Jahr zuvor. Wie die NKVF betont, kann eine solche Zwangsausschaffung fĂŒr Kinder traumatisierend sein, wenn zum Beispiel die Eltern vor den Augen der Kinder gefesselt werden.

DarĂŒber hinaus habe sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr 2021 kaum verĂ€ndert, heisst es weiter in dem Bericht. Die NKVF stellt fest, dass die mit dem Vollzug der Wegweisung betrauten Behörden im Allgemeinen ein professionelles und respektvolles Verhalten an den Tag gelegt haben. Sie berichtet jedoch erneut von besorgniserregenden Vorkommnissen, in denen dies nicht der Fall war.

Insbesondere kritisiert die Kommission den oft unverhÀltnismÀssigen Einsatz von Zwangsmassnahmen wie Fesseln, Handschellen, Fixiergurten und in einigen FÀllen auch von Trainingshelmen oder Spucknetzen. Die SFH betont, wie wichtig es ist, dass bei der Anwendung von Zwangsmassnahmen der Grundsatz der VerhÀltnismÀssigkeit beachtet wird, da sonst das Handeln der Behörden rechtswidrig ist.

Die SFH kritisiert aber noch weitere Praktiken, die im Bericht genannt werden. So werden etwa gewisse Zwangsmassnahmen aufgrund von Vorurteilen gegenĂŒber bestimmten HerkunftslĂ€ndern angeordnet. DarĂŒber hinaus kommt es zwischen den Behörden und den Personen, die ausgeschafft werden, zu Kommunikationsproblemen, weil etwa kein Dolmetscher vor Ort ist. Beschrieben werden auch FĂ€lle, bei denen Anrufe an die Rechtsvertretung verweigert wurden.

Die SFH sieht es als notwendig an, dass die Empfehlungen der NKVF, die teilweise schon in frĂŒheren Jahren ausgesprochen wurden, umgesetzt werden.

Schliesslich stellt die SFH fest, dass mehr als die HĂ€lfte der SonderflĂŒge im Jahr 2022 Dublin-Überstellungen betrafen. Angesichts der Tatsache, dass die Überstellung bei einem Dublin-Fall auf eine rein administrative Entscheidung folgt, welcher Staat fĂŒr den Asylantrag zustĂ€ndig ist, kann die VerhĂ€ltnismĂ€ssigkeit einer Überstellung per Sonderflug in Frage gestellt werden.

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