SFH kritisiert verschärfte Praxis zu Asylgesuchen aus der Türkei

15. November 2024

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) stützt in einem neuen Koordinationsurteil die zunehmend restriktive Praxis gegenüber türkischen Asylsuchenden, gegen die in der Türkei strafrechtlich ermittelt wird. Infolge des Gerichtsurteils ist mit der Ablehnung zahlreicher Asylgesuche und hängiger Beschwerden zu rechnen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert den weitreichenden Entscheid angesichts der Tatsache, dass die Menschenrechtslage in der Türkei unverändert schlecht ist und faire, unabhängige Strafverfahren dort nicht gewährleistet sind.

Das BVGer fällt in einem heute publizierten Koordinationsurteil gleich zwei folgenschwere Entscheide für Asylsuchende aus der Türkei: Zum einen kommt das Gericht zum Schluss, dass Personen, gegen die in der Türkei wegen „Präsidentenbeleidigung“ und/oder „Propaganda für eine terroristische Organisation“ strafrechtlich ermittelt wird, nicht generell eine asylrelevante Verfolgung im Heimatstaat zu befürchten hätten.  

Zum andern hebt das BVGer die seit 2013 geltende Praxis auf, wonach Wegweisungen in die türkischen Provinzen Hakkâri und Şırnak generell ausgeschlossen waren (BVGE 2013/2). Nach einer Neubeurteilung der Sicherheitslage erachtet das BVGer Wegweisungen in diese Provinzen nun nicht mehr als generell unzumutbar und verfügt, dass sie im Einzelfall zu prüfen sind. 

Menschenrechtslage unverändert schlecht

Die SFH kritisiert, dass das BVGer mit diesem weitreichenden Koordinationsurteil die zunehmend restriktive Praxis des Staatssekretariats für Migration (SEM) zu Asylgesuchen türkischer Staatsangehöriger bestätigt. Sie hält fest, dass die Menschenrechtslage in der Türkei seit Jahren unverändert schlecht ist und die türkische Justiz massiv unter Druck steht, so dass faire und unabhängige Strafverfahren nicht gewährleistet sind, wie aktuelle Analysen der Situation vor Ort bestätigen.

Mit dem heutigen BVGer-Urteil wird es für türkische Asylsuchende noch schwieriger, den nötigen Nachweis zu erbringen, dass ihnen persönlich ein unfaires Strafverfahren und Verfolgung in der Türkei drohen. Die SFH erinnert zudem daran, dass schutzsuchende Personen wegen Aktivitäten während ihres Aufenthalts in der Schweiz in das Visier der heimatlichen Behörden geraten können. Bei Vorliegen solcher Nachfluchtgründe ist ihnen Schutz zu gewähren, wie es das schweizerische Asylrecht vorsieht.  

Praxisänderung nicht nachvollziehbar

Nicht nachvollziehbar ist aus Sicht der SFH die grundlegende Praxisänderung zur Wegweisung von türkischen Asylsuchenden in die Provinzen Hakkâri und Şırnak. Angesichts der weiterhin als unsicher zu beurteilenden Situation in diesen Grenzprovinzen zum Irak sollte die Lage fortlaufend beobachtet werden. Im Rahmen der Einzelfallprüfung sind aus Sicht der SFH Vulnerabilitäten und andere Umstände unbedingt zu berücksichtigen, welche eine Rückkehr erschweren können.

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