Neuer Schutzstatus statt vorläufige Aufnahme

30. Mai 2022

Die Ungleichbehandlung von Geflüchteten mit Schutzstatus S gegenüber anderen Kriegsvertriebenen zeigt: es besteht Handlungsbedarf, damit alle Schutzberechtigten in der Schweiz gleichen Zugang zu grundlegenden Rechten haben. Aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) braucht es einen neuen Anlauf zur Reform der vorläufigen Aufnahme. Die SFH fordert, den F-Ausweis durch einen positiven Schutzstatus zu ersetzen, der eine rasche und nachhaltige Integration ermöglicht.

Vorläufig Aufgenommene haben einen vergleichbaren Schutzbedarf wie anerkannte Flüchtlinge und bleiben erfahrungsgemäss langfristig in der Schweiz. Doch der Status erschwert den Betroffenen, in Gesellschaft und Arbeitsleben Fuss zu fassen. Die SFH fordert denn auch seit Jahren die rechtliche Gleichstellung von vorläufig Aufgenommenen mit anerkannten Flüchtlingen. Aus ihrer Sicht braucht es einen positiven Schutzstatus anstelle der vorläufigen Aufnahme.

Die aktuelle Diskussion um Ungleichbehandlung von Geflüchteten aufgrund der grosszügigen Ausgestaltung des Schutzstatus S für Geflüchtete aus der Ukraine verdeutlicht den bereits bestehenden Handlungsbedarf. Vor diesem Hintergrund legt die SFH in einem Positionspapier ihre Forderung nach einem positiven Schutzstatus und die Eckwerte dessen Ausgestaltung dar. Der neue Schutzstatus soll gleichermassen gelten für sämtliche Personen, die nicht die Flüchtlingseigenschaft erfüllen, aber aus anderen völkerrechtlichen oder humanitären Gründen den Schutz der Schweiz benötigen. Betroffen sind, wie bei der heutigen vorläufigen Aufnahme, insbesondere Kriegsvertriebene und Personen denen in ihrem Herkunftsland schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Gleichzeitig soll der Schutzstatus S bestehen bleiben für Situationen, in denen innerhalb kurzer Zeit eine ausserordentlich hohe Anzahl Geflüchteter in der Schweiz ankommt, wie aktuell aus der Ukraine. Der Status S soll mit den gleichen Rechten ausgestattet werden wie der neue Schutzstatus.

Humanitärer Schutz

Die SFH fordert, dass die Bezeichnung des neuen Schutzstatus die Schutzgewährung klar und positiv zum Ausdruck bringt und kein «vorläufig» enthält. Sie schlägt daher vor, den neuen Status als «humanitären Schutz» zu benennen. Zudem fordert die SFH ein Recht auf Familiennachzug wie für anerkannte Flüchtlinge. Denn die bestehenden Einschränkungen sind aus menschenrechtlicher Sicht sowie mit Blick auf die Integration unhaltbar. Es braucht ausserdem Reisefreiheit für sämtliche Geflüchteten mit einem Schutzstatus in der Schweiz, insbesondere im Schengen-Raum. Die geltenden und beschlossenen Reiseverbote für vorläufig Aufgenommene sind unverhältnismässig und unvereinbar mit den Grundrechten.

Aus Sicht der SFH soll der neue Schutzstatus ein Recht auf Kantonswechsel analog dem für anerkannte Flüchtlinge enthalten. Die im Jahr 2021 beschlossenen Erleichterungen des Kantonswechsels für vorläufig Aufgenommene sind ein Schritt in die richtige Richtung, reichen aber nicht aus. Zudem müssen Betroffene eine verbindliche Perspektive für ihr Aufenthaltsrecht haben, wenn sie länger nicht zurückkehren können. Die SFH fordert daher einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung, wenn die Rückkehr nach fünf Jahren nach wie vor unzulässig, unzumutbar oder unmöglich ist. Die heutige Härtefallregelung ist zu restriktiv.

Sozialhilfe anpassen

Die aktuelle Diskussion um die Höhe der Asylsozialhilfe für Geflüchtete aus der Ukraine zeigt, dass die tieferen Ansätze der Asylsozialhilfe gerade für Personen, deren Integration unterstützt werden soll, weder zielführend noch gerechtfertigt sind. Die SFH fordert daher, dass die Sozialhilfe Personen mit dem neuen Schutzstatus - sowie auch Personen mit Schutzstatus S -  im gleichen Umfang gewährt wird wie für anerkannte Flüchtlinge. Ausserdem soll bei der Unterbringung und Begleitung von Betroffenen die private Unterbringung in Gastfamilien verstärkt genutzt werden, auch für andere Schutzberechtigte als diejenigen aus der Ukraine.

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