Ausspioniert und überwacht: Betroffene von transnationaler Repression brauchen wirksamen Schutz

10. April 2025

Ein Postulatsbericht des Bundesrats bestätigt, dass in der Schweiz lebende Uigur*innen und Tibeter*innen transnationaler Repression durch Akteure der Volksrepublik China ausgesetzt sind. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe begrüsst den Bericht und fordert, dass nun endlich wirksame Massnahmen zum Schutz der Betroffenen ergriffen werden. Zudem muss die Problematik der transnationalen Repression auch im Hinblick auf Asylsuchende aus anderen Herkunftsländern untersucht werden, welche mutmasslich ebenfalls betroffen sind – darunter Russland, Iran, die Türkei und Eritrea.

Dem Bericht des Bundesrats liegt ein Forschungsbericht, zugrunde, den Expert*innen am Europa-Institut der Universität Basel um Prof. Ralf Weber im Auftrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) und des Staatssekretariats für Migration (SEM) erstellt haben. Danach sind rund 7'500 Tibeter*innen und 150 Uigur*innen in der Schweiz potenziell betroffen.  

Insbesondere politisch aktive Personen laufen Gefahr, systematisch beobachtet, fotografiert und gefilmt sowie in ihren Kommunikationsaktivitäten überwacht zu werden. Auch Schweizer Staatsbürger*innen, die sich in diesem Kontext engagieren, können zur Zielscheibe solcher Aktivitäten werden. 

Massive Auswirkungen auf Alltag und Ausübung der Grundrechte

Der Bericht identifiziert zunächst zehn Formen der transnationalen Repression, die weltweit im Zusammenhang mit der Volksrepublik China beobachtet werden. Danach zeigen die Forschenden auf, mit welchen Methoden Mitglieder der tibetischen und uigurischen Gemeinschaften hierzulande überwacht, bedroht und unter Druck gesetzt werden. So gab es Versuche, Personen zur Rückkehr nach China zu bewegen, und es kam zu Fällen von Flüchtlingsspionage. Während einer religiösen Veranstaltung wurden tibetische Teilnehmende physisch angegriffen. Tibeter*innen berichten, dass die Ausstellung von Visa für Reisen in die Heimatprovinz wahlweise als Anreiz zur Zusammenarbeit oder aber als Sanktion gegen unliebsames politisches Engagement eingesetzt wird. Zahlreiche Personen beider Gemeinschaften wurden fotografiert, am Telefon mit Familienmitgliedern abgehört oder Opfer von Cyberangriffen.  

Nebst tatsächlich oder vermeintlich Oppositionellen laufen Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus sowie Tibeter*innen und Uigur*innen mit Angehörigen in der Volksrepublik China besonders Gefahr, Opfer von transnationaler Repression zu werden. Als Akteur*innen identifizieren die Forschenden chinesische Beamte, aber auch angeworbene Mitglieder aus den betroffenen Gemeinschaften. Letzteres führe in diesen zu einem Klima des gegenseitigen Misstrauens, was den Alltag von in der Schweiz lebenden Personen tibetischer und uigurischer Ethnie massiv beeinträchtige und sie an der Ausübung ihrer Grundrechte hindere, konstatieren die Forschenden. 

Betroffene müssen wirksam geschützt werden

Die Problematik der transnationalen Repression ist schon lange bekannt. Bereits im März 2018 legte der von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) publizierte Bericht «Chinas lange Schatten» nahe, dass in der Schweiz lebende Tibeter*innen vom chinesischen Regime auch in der Schweiz überwacht und eingeschüchtert wurden. Insofern begrüsst es die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), dass der Bundesrat mit dem jetzt vorliegenden Postulatsbericht endlich Instrumente und Massnahmen gegen die dokumentierten Praktiken der transnationalen Repression aufzeigt. Die SFH unterstützt insbesondere den Prüfungsauftrag für eine Sensibilisierung und Schulung derjenigen Behörden auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene, welche mit den Belangen der von transnationaler Repression betroffenen Bevölkerungsgruppen befasst sind.  

Das SEM muss die Gefahr der transnationalen Repression im Asylverfahren durch Auswahl, Schulung und Qualitätskontrolle von Dolmetschenden sowie externen Gutachter*innen der Fachstelle für Herkunftsabklärungen (LINGUA) soweit möglich ausschliessen. Dies gilt auch für die Beurteilung des Aussageverhaltens von Asylsuchenden. Wenn einer schutzsuchenden Person aufgrund von transnationaler Repression Verfolgung wegen exilpolitischer Tätigkeit droht, ist sie als Flüchtling anzuerkennen.  

Auch mit Blick auf mögliche Betroffene aus anderen Herkunftsländern, namentlich Russland, Iran, die Türkei und Eritrea, muss die Problematik der transnationalen Repression untersucht werden. Nur so können wirksam Gegenmassnahmen ergriffen werden. 

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