Afghanistan: Situation verschlechtert sich fortlaufend

16. November 2021

Zwei ausfĂŒhrliche Berichte der LĂ€nderanalyse der Schweizerischen FlĂŒchtlingshilfe (SFH) zur Sicherheitslage und den GefĂ€hrdungsprofilen zeichnen ein dĂŒsteres Bild der Entwicklungen unter dem neuen Regime der Taliban. In Afghanistan herrscht ein Klima der Angst, ausserdem droht dem Land eine humanitĂ€re Katastrophe.

Die Update-Berichte «Afghanistan: Die aktuelle Sicherheitslage» und «Afghanistan: GefĂ€hrdungsprofile» wurden von der Afghanistanexpertin Corinne Troxler im Auftrag der SFH-LĂ€nderanalyse verfasst. Sie bieten einen umfassenden Überblick ĂŒber die politischen Geschehnisse, die Sicherheitslage, die Menschenrechtslage sowie die sozioökonomische Situation in Afghanistan bis Oktober 2021. Neben faktenbasierten, chronologisch aufgefĂŒhrten Informationen aus sorgfĂ€ltig recherchierten Quellen (UNO, NGOs, Medienschaffende) finden sich darin auch EinschĂ€tzungen von Afghanistan-Expert*innen zu den internen MachtverhĂ€ltnissen unter dem neuen Talibanregime und den zu erwartenden Entwicklungen fĂŒr die afghanische Bevölkerung.

Klima des Misstrauens und der Angst

Die Berichte zeigen, wie kritisch die afghanische Bevölkerung nach den Erfahrungen der Vergangenheit den Versprechungen der Taliban, die Menschenrechte zu schĂŒtzen und eine Generalamnestie umzusetzen, gegenĂŒberstehen. Berichte ĂŒber Hausdurchsuchungen, Fahndungslisten und Vergeltungstötungen haben vielmehr eine AtmosphĂ€re von Misstrauen und Angst geschaffen. Neben ehemaligen Angehörigen der afghanischen SicherheitskrĂ€fte haben auch Frauenaktivistinnen oder Medienschaffende Anlass zur Sorge, immer wieder kommt es zu gezielten und persönlichen Bedrohungen. Viele Afghan*innen halten sich deshalb inzwischen versteckt.

EingeschrĂ€nkte Rechte bereits vor der MachtĂŒbernahme der Taliban

Gleichzeitig zeigen die Berichte aber auch, dass die Rechte von Frauen und MĂ€dchen bereits vor der MachtĂŒbernahme der Taliban stark eingeschrĂ€nkt waren. Hierzu gehörte ein erschwerter Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, aber auch zu Arbeit oder politischer Partizipation. MĂ€dchen und Frauen waren im Alltag gewaltsamen Übergriffen, hĂ€uslicher Gewalt, Missbrauch, Vergewaltigung, Zwangsheiraten sowie «Ehrenmorden» ausgesetzt. Bereits fĂŒr 2020 waren insbesondere in den von den Taliban kontrollierten Gebieten VorfĂ€lle von Tötungen und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung von Frauen dokumentiert worden.

Es droht eine humanitÀre Katastrophe

Seit der MachtĂŒbernahme der Taliban hat sich aufgrund der abrupt weggefallenden internationalen UnterstĂŒtzung zusĂ€tzlich die humanitĂ€re Lage dramatisch verschĂ€rft. 40 Jahre Krieg und interne Vertreibung sowie wiederkehrende Naturkatastrophen haben eine akut gefĂ€hrdete Bevölkerung zurĂŒckgelassen, die ĂŒber wenige wirtschaftliche Ressourcen verfĂŒgt. Afghanistan steht deshalb nur wenige Wochen nach dem Abzug der internationalen Truppen unmittelbar vor einer humanitĂ€ren Katastrophe. So warnte der schwedische Entwicklungsminister Per Olsson Fridh am 24. Oktober 2021: «Das Land steht am Rande des Zusammenbruchs, und dieser Zusammenbruch kommt schneller als wir dachten».

Die Schweizerische FlĂŒchtlingshilfe (SFH) verweist deshalb erneut auf ihre Forderungen, insbesondere die Bedeutung der humanitĂ€ren Hilfe. Die afghanische Zivilbevölkerung ist auf internationale UnterstĂŒtzung angewiesen. Ausserdem braucht es weiterhin sichere Fluchtwege aus Afghanistan.

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