Sri Lanka ist in eine tiefe politische Krise gerutscht, seit Präsident Maithripala Sirisena den amtierenden Regierungschef Ranil Wickremesinghe Ende letzter Woche abgesetzt hat, ohne dass ihn die Verfassung dazu ermächtigt. Zum neuen Ministerpräsidenten ernannte Sirisena stattdessen den autoritären Ex-Staatschef Mahinda Rajapaksa. Der mutmasslichen Kriegsverbrecher ist damit zurück an der Macht. Er regierte das Land bereits von 2005 bis 2015 mit eiserner Hand und beendete 2009 mit brutaler Härte den Bürgerkrieg gegen die Tamil Tigers (LTTE). Rajapaksa werden Kriegsverbrechen, Korruption und die Ermordung politischer Gegner vorgeworfen.
Am vergangenen Wochenende folgte auf den Umsturz an der Regierungsspitze umgehend die temporäre Auflösung des Parlaments – sämtliche Sitzungen der 225 Parlamentarier sind bis zum 16. November ausgesetzt. Reporter berichteten zudem, dass Unterstützer Rajapaksas in der Nacht zu Samstag die Redaktionen von zwei staatlichen Fernsehsendern gestürmt und Journalisten eingeschüchtert hätten. Diese schlugen sich in der Folge auf die Seite des neu ernannten Regierungschefs, nachdem ihre Sender bisher als loyal gegenüber Wickremesinghe galten. Darüber hinaus gab es Berichte über vereinzelte Angriffe auf Anhänger der Partei von Wickremesinghe in verschiedenen Teilen des Landes.
Wird Rajapaksa Mitte November erwartungsgemäss als Ministerpräsident bestätigt, erleiden die bislang ohnehin nur sehr schleppend verlaufende Aufarbeitung der Vergangenheit und der Versöhnungsprozess nach dem Bürgerkrieg einen weiteren herben Rückschlag. Auch die Menschenrechtslage dürfte sich weiter verschärfen: Bereits heute sind Folter und Misshandlungen von Häftlingen nach wie vor weit verbreitet, Militär und Sicherheitskräfte überwachen, schikanieren und verhaften weiter Personen mit mutmasslicher Verbindung zu den ehemaligen Tamil Tigers, Berichte von Entführungen und Folter reissen nicht ab.
Die Entwicklungen in Sri Lanka sind aus Sicht der SFH äusserst besorgniserregend. Sollte sich Rajapaksa in seiner neuen Position halten und sich die Menschenrechtslage weiter verschärfen, muss die Asylpraxis des SEM zu Sri Lanka diesen Entwicklungen Rechnung tragen, damit sich Fälle von Folter nach der Rückführung wie jene aus dem Jahr 2013 nicht wiederholen. Die im August 2018 abgeschlossene Migrationspartnerschaft zwischen der Schweiz und Sri Lanka erscheint unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse ebenfalls in kritischem Licht.