EU-Pakt zu Migration und Asyl: Neuer Ansatz ist nötig

28. August 2020

Die EU-Kommission plant einen neuen europäischen Pakt zu Migration und Asyl, der im Herbst präsentiert werden soll. Vorgängig stellte sie ihre Roadmap für das Vorhaben öffentlich zur Diskussion. Die SFH hat sich mit einer Eingabe beteiligt. Sie sieht den neuen EU-Pakt als Chance für einen Wandel im Umgang mit Migration und Asyl – weg von der Fokussierung auf Abwehr und innere Sicherheit hin zu Solidarität und Humanität als prägende Werte.

Ein neuer Pakt zu Migration und Asyl soll die jahrelange Blockade in der europäischen Migrations- und Asylpolitik beenden. So sieht es zumindest der Plan der EU-Kommission vor: Basierend auf der Europäischen Migrationsagenda von 2015 zielt der neue Pakt auf eine Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ab. Die ursprünglich schon für März geplante Vorstellung der vorgeschlagenen Neuerungen wurde wegen Covid-19 auf den Herbst verschoben. Die EU-Kommission präsentierte ihr Vorhaben, dessen Ziele und politische Optionen indes jüngst in einer Roadmap – einer Art Vernehmlassungsverfahren, das allen Interessierten offensteht. Die SFH hat sich mit einem sogenannten Feedback daran beteiligt, zumal die Schweiz als assoziiertes Schengen/Dublin-Mitglied von den anvisierten GEAS-Änderungen direkt betroffen ist.

Für die SFH steht dabei fest: Der neue EU-Pakt sollte einen Wendepunkt markieren in Europas Umgang mit Migration und Asyl. Statt weiter auf Abwehr und innere Sicherheit zu fokussieren, muss sich die gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik stärker an den Grundwerten orientieren, auf denen die EU aufbaut: Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte. Wie dringlich ein solcher rechtsbasierter Ansatz ist, belegen nicht nur die Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, als zusätzliche Grenzschliessungen es Geflüchteten zeitweise verunmöglichten oder erheblich erschwerten, einen Asylantrag in Europa zu stellen. Auch die menschenunwürdigen Zustände in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln und im Mittelmeerraum zeigen es.

Die Menschenrechte müssen in jeder Phase, in jedem Prozess und für jede Person innerhalb der EU sowie an ihren Grenzen oberste Priorität haben. Das gilt insbesondere auch für die vorgeschlagenen Zulässigkeitsverfahren an der EU-Aussengrenze. Diese wären nur dann sinnvoll, wenn sie fair, schnell und gründlich durchgeführt werden könnten. Die bisherigen Erfahrungen mit sog. admissibility procedures an den EU-Grenzen zeigen aber das Gegenteil: Immer wieder kommt es zu systematischem Freiheitsentzug und zur Verletzung anderer Menschenrechte der betroffenen Personen.

Solidarität ist eine Frage des Willens und Handelns

Eine neue Dublin-Verordnung, wie sie von der EU-Kommission angestrebt wird, wird weder die Situation in den Dublin-Mitgliedsländern verbessern noch automatisch zur notwendigen Solidarität zwischen ihnen führen. Die SFH betrachtet denn auch die aktuelle Dublin-III-Verordnung – trotz berechtigter Kritik an einem Verteilungssystem an und für sich – als ein geeignetes und anwendbares Instrument, um sich solidarisch zu den anderen Mitgliedstaaten zu zeigen, die Länder an den Aussengrenzen zu unterstützen und bei Bedarf Verantwortung zu übernehmen. Zu befürchten ist im Falle einer Reform der Dublin-III-Verordnung vielmehr, dass die Rechte der Asylsuchenden geschwächt werden – zumindest legen dies bisherige Entwürfe und Diskussionen nahe.

Die SFH fordert in ihrem Feedback an die EU-Kommission zudem den Ausbau von sicheren und legalen Einreisewegen nach Europa, um zu verhindern, dass schutzbedürftige Menschen auf Schlepper angewiesen und Gewalt, Ausbeutung und Misshandlung ausgeliefert sind. In der Stärkung der Mobilitätsrechte für Personen, die internationalen Schutz geniessen, sieht die SFH eine Möglichkeit, den unterschiedlichen Aufenthaltsbedingungen in den Dublin-Mitgliedsländern zu begegnen.

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