Armut bekämpfen statt bestrafen

08. Februar 2021

Menschen ohne Schweizer Pass, die seit über zehn Jahren ordnungsgemäss hier leben, sollen nicht mehr einfach weggewiesen werden können, nur weil sie auf Sozialhilfe angewiesen sind. Das fordert die Petition «Armut ist kein Verbrechen», die die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) mitunterstützt.

Die Änderungen des AIG können für sozialhilfebeziehende Ausländerinnen und Ausländer gravierende Folgen haben. Wer über längere Zeit auf staatliche finanzielle Unterstützung angewiesen ist, muss mit dem Entzug der Niederlassungsbewilligung oder sogar mit einer Wegweisung rechnen. Doch gerade jetzt sind viele Menschen wegen der Corona-Pandemie von Krankheit und Arbeitsplatzverlust bedroht; zwei Schicksale, die häufig zum Bezug von Sozialhilfe führen: «Armut kann uns alle treffen. Sei es wegen einem Arbeitsplatzverlust, einem Unfall, einer Wirtschaftskrise, Krankheit, Scheidung oder einer anderen persönlichen Notlage», schreiben die Initiantinnen und Initianten der Petition. «Unser Sozialsystem ist deshalb dazu da, uns allen in solchen Situationen ein menschenwürdiges Leben zu garantieren». Es brauche dringend gesetzliche Anpassungen, damit Menschen, die jahrzehntelang in der Schweiz leben, ihre Kinder hier grossgezogen, gearbeitet und Steuern bezahlt haben und dann unverschuldet in eine Notlage geraten sind, ihr Aufenthaltsrecht nicht verlieren. Die Petition fordert den Nationalrat auf, der parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» zuzustimmen. Diese verlangt, dass ein Widerruf von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen wegen Sozialhilfebezugs nach zehn Jahren Aufenthalt in der Schweiz nur noch möglich sein soll, wenn die Betroffenen ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt oder nicht verändert haben.

Geflüchtete und migrierte Menschen aus Kriegs- und Bürgerkriegsländern, welche wegen ihrer fortgeschrittenen Integration endlich ein dauerndes Aufenthaltsrecht erhalten und nun über längere Zeit Sozialhilfe beziehen müssen, sind direkt von den Verschärfungen betroffen. Seit dem Inkrafttreten des neuen AIG können die Kantone bei längerem Sozialhilfebezug eine Wegweisung erneut prüfen und eventuell verfügen. Das Beibehalten der Arbeitsstelle und das Nichtbeziehen von Sozialhilfe sind für geflüchtete Menschen aus Kriegsländern mit einer dauernden Aufenthaltsbewilligung daher wesentlich. Die Drohung mit der erneuten Wegweisungsprüfung wegen Sozialhilfebezugs drängt Menschen dazu, auf nötige Unterstützung zu verzichten.

Die SFH unterstützt die Forderungen der Petition und ruft zu deren Unterzeichnung auf. 

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