Das BVGer selbst weist im Urteil immer wieder auf die Tatsache hin, dass es kaum zuverlässige Informationen zur Situation in Eritrea gibt. Es kommt darauf aufbauend aber dennoch zum Schluss, dass im Fall der Beschwerdeführerin keine flüchtlings- oder menschenrechtlich-relevante Gefährdung vorliege. Die Situation in Eritrea habe sich seit der letzten Lagebeurteilung von 2005 stark verbessert. Und zwar derart, dass der Vollzug der Wegweisung nur dann als unzumutbar zu beurteilen sei, wenn besondere Umstände vorliegen. Solche seien hier aber nicht gegeben. Das BVGer bestätigt folglich einen Wegweisungsentscheid nach Eritrea. „Diese Schlussfolgerung ist nicht nachvollziehbar.“ urteilt Stefan Frey, Mediensprecher der SFH. Bedenklich sei, dass sich das BVGer bevorzugt auf die Information der eritreischen Regierung sowie Fact-Finding-Missions stütze und die Informationen von internationalen Institutionen und von Menschenrechtsorganisationen weitgehend ausser Acht lasse.
Beweislast umgekehrt
Das BVGer nimmt es in Kauf, ein Urteil gegen die betroffene Person zu fällen, obwohl die Faktenlage höchst unsicher ist. Die SFH findet es in hohem Masse fragwürdig, dass das Gericht vom Untersuchungsgrundsatz abweicht und der betroffenen Eritreerin damit faktisch die Beweislast überträgt.
Skandalöser Golddeal über die Schweiz wird ausgeblendet
Das BVGer sieht für Eritrea ein wirtschaftliches Potenzial im Bergbau und erwähnt dabei die Firma Nevsun. Doch erwähnt es nicht, dass in Kanada gegen eben diese Firma Nevsun ein Verfahren wegen vermuteter Zwangsarbeit hängig ist. Der von der Rundschau SRF am Mittwoch dazu ausgestrahlte Beitrag über das in der Schweiz raffinierte Gold liefert dazu weitere Fakten. Wie ausserdem das RTS aufgezeigt hat, haben Institutionen wie die Nationalbank und die Zürcher Kantonalbank in Nevsun investiert.
Urteil lässt Fragen offen
Offen lässt das BVGer, inwiefern die drohende Haft und der drohende Einzug in den Nationaldienst für dienstpflichtige Eritreerinen und Eritreer im Fall einer Rückkehr die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung nach Art. 3 EMRK beziehungsweise eine Verletzung des Verbotes der Zwangsarbeit im Sinn von Art. 4 Abs. 2 EMRK darstellt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte diese Frage in einem früheren Urteil gegen die Schweiz aufgeworfen. Der Gerichtshof hatte darauf hingewiesen, dass eine solche Gefahr wohl jedenfalls für dienstpflichtige Personen vorliege und hatte die Schweiz angewiesen, dies zu prüfen.
Ungerechtfertigte Praxisverschärfung
Neben der Tatsache, dass der Schutzbedarf der betroffenen Person vom Gericht nicht in genügender Weise geprüft wurde, sind Zwangsrückführungen nach Eritrea auch nicht durchführbar. Die SFH stellt fest, dass diese ungerechtfertigte Praxisverschärfung zu einer wachsenden Anzahl von Personen führt, die in der Nothilfe landen und damit in einer äusserst prekären Situation leben müssen.
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