Im Herbst 2021 hat das Parlament die Gesetzesänderung zur Auswertung elektronischer Datenträger von Asylsuchenden verabschiedet. Behörden können somit künftig auf Smartphones, Tablets, Laptops oder andere elektronische Geräte von Asylsuchenden zugreifen, um die Identität und Staatsangehörigkeit sowie den Reiseweg der Betroffenen zu klären. Zur Umsetzung hat der Bundesrat neue Regelungen auf Verordnungsstufe in die Vernehmlassung gegeben. Die SFH lehnt die dabei vorgeschlagenen Änderungen in ihrer Stellungnahme ab. Sie bekräftigt damit ihre grundsätzliche Kritik, dass diese Massnahme einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstellt.
Verhältnismässigkeit im Einzelfall garantieren
Die Auswertung persönlicher Datenträger ist ein schwerwiegender Eingriff in das Recht der Schutzsuchenden auf Privatsphäre. Der Verordnungsentwurf wird diesem Umstand nicht gerecht. Die SFH weist darauf hin, dass bei der Umsetzung die Verhältnismässigkeit in jedem Einzelfall zwingend gewährleistet sein muss. Das heisst: Ist eine für die asylsuchende Person weniger einschneidende Massnahme möglich, so darf keine Auswertung von Datenträgern erfolgen.
Weniger einschneidend kann beispielsweise die Prüfung öffentlich zugänglicher Social-Media-Profile sein oder die Auswertung anderer Dokumente, wenn keine Identitätspapiere vorhanden sind. Dies sollte im Verordnungstext klar zum Ausdruck kommen. Denn in den geplanten Anpassungen fehlen transparente Kriterien, anhand derer entschieden wird, wann eine Auswertung als «notwendig» gilt.
Datenschutz nicht gewährleistet
Die Umsetzungsbestimmungen auf Verordnungsstufe reichen nicht aus, um die grundrechtlichen Bedenken der SFH auszuräumen. Insgesamt ist für die SFH nicht ersichtlich, wie die Vortriage und Auswertung der Daten in der Praxis unter hinreichender Wahrung der Grundrechte und des Datenschutzes durchgeführtwerden können.
Insbesondere die Bestimmungen dazu, welche Daten ausgewertet werden dürfen und welche nicht, bleiben zu vage. Zudem ist unklar, wie bei der direkten Auswertung durch Mitarbeitende des Staatssekretariats für Migration (SEM) sichergestellt werden soll, dass nur relevante Daten angeschaut werden. Erwartungsgemäss ist nämlich ein Grossteil der mitunter hochsensiblen Daten auf einem Gerät nicht relevant für die Abklärung von Identität und Reiseweg. Hinzu kommt, dass der praktische Nutzen der gewonnenen Daten und Erkenntnisse äusserst beschränkt ist: Die Erfahrungen aus Deutschland etwa haben gezeigt, dass weniger als die Hälfte der Datengerätauslesungen brauchbar waren und nur in ein bis zwei Prozent der Fälle zu einem nennenswerten Resultat führten.
Eliane Engeler
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