Die SFH erkennt im heutigen Abstimmungsergebnis in erster Linie ein klares Bekenntnis des Stimmvolkes zu Schengen/Dublin und zu einer europäischen Zusammenarbeit in der Flüchtlings- und Asylpolitik. Doch damit ist aus Sicht der SFH auch ein Auftrag verbunden: Die Schweiz muss sich nun verstärkt für die Verbesserung des Grundrechtsschutzes von Geflüchteten und die umfassende Reform von Frontex einsetzen.
Denn das Referendum hat berechtigte Kritik zum Ausdruck gebracht: Die Menschenrechtsverletzungen an den EU-Aussengrenzen, die Beteiligung von Frontex an illegalen Push-backs und dass die EU-Agentur ihre Überwachungsfunktion nicht ausreichend wahrnimmt – das ist schlicht inakzeptabel.
Frontex korrekt ausrichten
Der Zeitpunkt für die überfällige Reform der EU-Grenzschutzagentur ist spätestens mit dem kürzlichen Rücktritt von Frontex-Direktor Fabrice Leggeri gekommen. Aus Sicht der SFH müssen die EU und der Frontex-Verwaltungsrat Leggeris Abgang jetzt dafür nutzen, Frontex neu auszurichten und auf ihren ursprünglichen Auftrag zu verpflichten: Gemäss der neuen Frontex-Verordnung muss die Agentur ihre Aufgaben zwingend «unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte» erfüllen.
Dieser Auftrag muss priorisiert werden. Der Schutz der EU-Aussengrenzen darf von Frontex nicht als Aufforderung zur Abschottung um jeden Preis interpretiert werden. Geflüchteten muss immer und überall der ungehinderte Zugang zu einem Asylverfahren in Europa gewährt werden. Frontex muss an den Aussengrenzen den Schutz und die Wahrung der Grundrechte geflüchteter Menschen sicherstellen.
Um dies zu erreichen, soll die Schweiz ihre Beteiligung an Frontex verstärkt dazu nutzen, Reformbemühungen der Agentur voranzutreiben. Es braucht einen klaren politischen Auftrag, dass sich die Schweiz im Rahmen ihrer Frontex-Beteiligung für die Einhaltung der Menschenrechte, für mehr Transparenz und demokratische Kontrolle einsetzt.
Grundrechte schützen und durchsetzen
Um den Grundrechtsschutz an den EU-Aussengrenzen wirksam durchzusetzen, braucht es bei Frontex ein unabhängiges und effektives Melde-, Untersuchungs- und Überwachungssystem, wie es die SFH mit ihrem europäischen Dachverband «European Council on Refugees and Exiles» (ECRE) seit langem fordert. Nötig sind funktionierende Beschwerdemechanismen, Menschenrechtsverletzungen müssen kompromisslos verfolgt und sanktioniert werden.
Die SFH fordert zudem, dass die bestehenden Kontrollorgane von Frontex ausgebaut werden – sie müssen unabhängig agieren können und handlungsfähig gemacht werden. So sollen etwa der Grundrechtsbeauftragte und die Grundrechtsbeobachter*innen mit ausreichend Ressourcen versorgt und komplett unabhängig berufen werden.
Weitere Lösungsansätze, um die Einhaltung der europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen, den Schutz der Menschenrechte und die Situation für Geflüchtete entlang der EU-Aussengrenzen zu verbessern, zeigt das Grundlagenpapier der SFH «EU-Aussengrenzen und die Rolle von Frontex: Lösungsansätze» auf.
Eliane Engeler
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