Schutz für gefährdete Afghanen: Schweiz soll mit gutem Beispiel vorangehen

07. Oktober 2021

Europäische Staaten haben sich an einem Ministertreffen zum Schutz von Afghaninnen und Afghanen auf kein konkretes Aufnahmeprogramm geeinigt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) fordert, dass die Schweiz jetzt mit gutem Beispiel vorangeht und ein zusätzliches Kontingent an Resettlement-Plätzen zur Verfügung stellt.

Europäische Staaten, und auch die Schweiz, haben am heutigen EU-Forum zum Schutz von gefährdeten Afghanen verschiedene Möglichkeiten legaler Fluchtwege sowie Hilfe für Afghanistan und dessen Nachbarstaaten diskutiert. Laut EU-Kommissarin Ylva Johansson haben sich viele Staaten grundsätzlich bereit gezeigt, zusätzliche Resettlement-Flüchtlinge aufzunehmen, jedoch ohne konkrete Zusagen. Es wurde kein gemeinsames Aufnahmeprogramm beschlossen.

Die SFH fordert, dass die Schweiz innerhalb der europäischen Staaten nun mit gutem Beispiel vorangeht: Der Bundesrat soll in Konsultation mit Kantonen, Gemeinden und Städten die Aufnahme eines substantiellen Kontingentes an Resettlement-Flüchtlingen beschliessen. Die Aufnahme sollte als sofortige Massnahme für die humanitäre Notlage in Afghanistan zusätzlich zu den bereits bestehenden Kontingenten beschlossen und in Zusammenarbeit mit dem UNHCR umgesetzt werden.

Die gesetzliche Grundlage dafür ist vorhanden: Der Bundesrat hat im Mai 2019 das Umsetzungskonzept für die Schweizer Teilnahme an den Resettlement-Programmen des UNHCR verabschiedet. Dieses Konzept sieht neben den regelmässigen jährlichen Kontingenten explizit eine sofortige Hilfsoption für humanitäre Notlagen wie in Afghanistan vor.

UN-Flüchtlingshochkommissar, Filippo Grandi, hat den Minister*innen am heutigen Treffen mitgeteilt, dass rund 85'000 afghanische Flüchtlinge in den nächsten fünf Jahren einen Resettlement-Platz benötigen werden. Er hat vorgeschlagen, dass die europäischen Staaten die Hälfte davon übernehmen.

Schon heute befinden sich Millionen von afghanischen Flüchtlingen in den Nachbarstaaten Afghanistans, insbesondere in Pakistan und Iran. Sie leben dort teilwiese unter sehr prekären Bedingungen, ohne ausreichenden Zugang zu lebensnotwendiger Grundversorgung und grundlegenden Rechten.

Am heutigen Ministertreffen wurde unter anderem die Koordination möglicher weiterer Evakuierungen aus Afghanistan diskutiert. Aus Sicht der SFH braucht es dringend mehr sichere und legale Fluchtwege für gefährdete Afghan*innen. Die Taliban nähern sich zunehmend dem Terrorregime unter ihrer Herrschaft in den neunziger Jahren an. Sie haben etwa Körperstrafen wiedereingeführt. Vermehrt berichten Menschenrechtsorganisationen, dass die Taliban gewaltsam gegen Angehörige der ehemaligen Sicherheitskräfte, Menschenrechtsaktivist*innen, Medienschaffende oder ethnische Minderheiten vorgehen. Die Rechte von Frauen und Mädchen sind in vielen Teilen des Landes stark eingeschränkt. Die SFH fordert, dass die Schweiz die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zu weiteren Evakuierungen von Flüchtlingen aus Afghanistan unterstützt.

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