Keine Corona-Zwangstests für Ausschaffungen

06. Juli 2021

Um Ausschaffungen zu ermöglichen, sollen abgewiesene Asylsuchende künftig zu einem Covid-19-Test gezwungen werden können. Das sieht ein Gesetzesentwurf des Bundesrates vor. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) lehnt das Vorhaben ab. Zwangstests stellen einen unverhältnismässigen Eingriff dar und verletzen das Grundrecht auf körperliche Integrität. Ausserdem würde ein Testzwang zu einer Ungleichbehandlung mit dem Rest der Bevölkerung führen.

Der Bundesrat will künftig Covid-19-Zwangstests für abgewiesene Asylsuchende durchführen können, wenn Aufnahmeländer und Luftverkehrsunternehmen für deren Ausschaffung ein negatives Testresultat verlangen. Aus Sicht der SFH ist ein solcher Testzwang sowohl rechtlich als auch medizinisch unverantwortbar. Wenn sich eine Person physisch gegen den Covid-19-Test wehrt und dieser zwangsweise durchgeführt wird, besteht eine erhebliche Verletzungsgefahr. Zumal dann ein beträchtliches Mass an Gewaltanwendung nötig ist, um die betroffene Person für einen solchen Eingriff ausreichend zu fixieren.

Ein PCR-Test auf Covid-19 mittels Nasen-Rachen-Abstrich, Rachen-Abstrich oder Speichelentnahme stellt einen instrumentellen Eingriff in den menschlichen Körper dar und tangiert somit das Recht auf physische Integrität. Dies gilt unabhängig davon, ob der Test Schmerzen verursacht. Das Recht auf körperliche Integrität ist Teil des Schutzbereichs der persönlichen Freiheit, die durch die Bundesverfassung garantiert wird. Eine Einschränkung dieses Grundrechts ist nur zulässig, wenn strenge Bedingungen erfüllt sind: So müssen solche Einschränkungen insbesondere zwingend notwendig und verhältnismässig sowie durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein. Zudem braucht es dafür eine ausreichend klare gesetzliche Grundlage.

Voraussetzungen sind nicht erfüllt

Der Entwurf, den der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt hat, erfüllt diese Voraussetzungen aus Sicht der SFH jedoch nicht: Es besteht kein überwiegendes öffentliches Interesse, welches die Covid-Zwangstests für ausreisepflichtige Asylsuchende hinreichend rechtfertigen könnte. Medizinische Massnahmen müssen durch eine medizinische Notwendigkeit gerechtfertigt sein. Zudem sind Covid-Zwangstests nicht geeignet, den beabsichtigen Zweck zu erfüllen: Es ist nicht möglich, eine Person gegen ihren Willen zwangsweise zu testen, ohne dass erhebliche Verletzungsgefahr für sie besteht. Der Gesetzesentwurf hält jedoch fest, dass beim Testen kein Zwang ausgeübt werden darf, der die Gesundheit der betroffenen Person gefährden könnte. Das wäre auch nicht mit der Sorgfaltspflicht des Medizinalpersonals vereinbar. Somit ist davon auszugehen, dass in solchen Fällen ein Zwangstest regelmässig gar nicht durchgeführt werden kann.

Aus Sicht der SFH ist der Gesetzesentwurf auch zu unbestimmt für einen so schweren Grundrechtseingriff. Der Entwurf lässt namentlich zahlreiche relevante Fragen mit Blick auf die praktische Umsetzung offen: So ist insbesondere unklar, wer die Covid-Tests zwangsweise durchführen soll und welches Mass an Gewalt dabei von wem und wann ausgeübt werden darf.

Die SFH weist in ihrer Vernehmlassungsantwort schliesslich auf die Ungleichbehandlung mit dem Rest der Bevölkerung hin. Bisher wird keine andere Bevölkerungsgruppe zu einem Covid-Test verpflichtet und gezwungen.

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