Die Schweizer Praxis beim Vollzug von Wegweisungen zählt zu den härtesten in Europa. Doch das reicht der Politik nicht: In der Frühjahrssession beschloss das Parlament, selbst Ausschaffungen in Folterstaaten zuzulassen. Es ist bereit, dafür grundlegende Menschenrechte über Bord zu werfen, Bundesverfassung und Völkerrecht zu verletzen, und die Glaubwürdigkeit des Schweizer Rechtsstaats zu untergraben. Das ist aus Sicht der SFH eine besorgniserregende Entwicklung.
Fatalerweise zeigt das rechtsbürgerliche Powerplay bei den Behörden Wirkung: Das Justizdepartement (EJPD) gibt dem anhaltenden innenpolitischen Druck nach und verfolgt beim Vollzug von Wegweisungen einen rigorosen Kurs, der auf Abschreckung zielt und Ausschaffungen um jeden Preis forciert. Selbst vor Zwangsrückführungen in Herkunftsländer mit prekärer Sicherheits- und Menschrechtslage wie etwa Afghanistan oder Somalia macht der Bund nicht Halt. Das belegt ein Bericht im heutigen «SonntagsBlick», der ein internes Papier des Staatssekretariats für Migration (SEM) publik machte. Die SFH fordert deshalb die Behörden dazu auf, beim Wegweisungsvollzug keine Menschenrechtsverletzungen in Kauf zu nehmen und insbesondere auf Ausschaffungen in Länder mit prekärer Sicherheits- und Menschenrechtslage zu verzichten.
Besonders bedenklich ist aus Sicht der SFH, dass die Zahl der Sonderflüge in den letzten Jahren weiter angestiegen ist. Sonderflüge gehen meist mit der Anwendung von unverhältnismässiger Gewalt einher – auch bei Zwangsausschaffungen muss jedoch die Menschenwürde unter allen Umständen gewahrt werden. Die SFH fordert daher den Verzicht auf Sonderflüge. Zumindest ein unabhängiges Monitoring ist zwingend erforderlich.
Dublin-Praxis ist unhaltbar
Auch die Dublin-Praxis der Schweiz ist äusserst restriktiv. Kaum ein Land in Europa wendet die Regeln des Dublin-Systems so strikt an: Die Schweiz schickt Asylsuchende konsequent dorthin zurück, wo diese erstmals europäischen Boden betreten haben. Ausnahmen gibt es auch bei besonders verletzlichen Personen kaum, obwohl die Dublin-III-Verordnung für solche Fälle explizit ein Selbsteintrittsrecht vorsieht.
Aus Sicht der SFH ist diese Praxis unhaltbar. Sie fordert den Verzicht auf Dublin-Überstellungen von besonders verletzlichen Personen in Länder wie etwa Italien, in denen Zweifel über adäquate Aufnahmebedingungen bestehen. Auf Überstellungen nach Bulgarien, Ungarn und Griechenland ist generell zu verzichten, da die Rechte der Schutzsuchenden in diesen Ländern nicht gewährleistet sind.
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Peter Meier
Leiter Asylpolitik
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