Die SFH begrüsst grundsätzlich die Ausarbeitung eines Covid-19-Gesetzes.In ihrer Vernehmlassungsantwort fordert die SFH, dass die Qualität der Asylverfahren nicht unter den Massnahmen zur Einhaltung der BAG-Richtlinien leiden darf. Die Verfahrensgarantien, die Rechtsweggarantie sowie ein effektiver Rechtsschutz für die Asylsuchenden müssen jederzeit sichergestellt sein.
Schutzmassnahmen im Gesetz verankern
Die SFH unterstützt grundsätzlich die ergriffenen Schutzmassnahmen bei der Unterbringung von Asylsuchenden und während des Asylverfahrens. Sie kritisiert jedoch, dass das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) es nicht für nötig hält, die von der geltenden Asylgesetzgebung abweichenden Normen auf Gesetzesstufe zu verankern. Das neue Covid-19-Gesetz ist diesbezüglich nur vage formuliert. Die SFH fordert eine explizite rechtliche Grundlage, um Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen.
Gemäss Asylgesetz beträgt die maximale Aufenthaltsdauer in den Zentren des Bundes 140 Tage. In jüngster Vergangenheit wurde diese Höchstdauer in vielen Fällen deutlich überschritten. Es ist nachvollziehbar, dass während der ausserordentlichen Lage im Frühling 2020 weniger Asylsuchende den Kantonen zugewiesen wurden. In Zukunft müssen die Asylsuchenden aber trotz Covid-19 nach 140 Tagen in einem Kanton untergebracht werden. Falls nötig sind alternative Strukturen in Betracht zu ziehen.
Anhörungen nur mit Rechtsvertretung
Die Einhaltung der BAG-Richtlinien in den Gesprächen von Asylsuchenden mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) und Rechtsschutz hat oberste Priorität. Rechtsvertretende müssen jedoch die Möglichkeit erhalten, im selben Raum wie die befragende und die asylsuchende Person anwesend zu sein. Das gilt auch für die Hilfswerksvertretung in altrechtlichen Asylverfahren. Die Durchführung einer Anhörung ohne Präsenz einer Rechtsvertretung bzw. Hilfswerksvertretung, wenn diese aufgrund Covid-19-bedingten Umständen verhindert ist, verletzt verfassungsmässige Garantien und darf deshalb keine Rechtsgültigkeit entfalten.
Zugang zum Asylverfahren muss gewährleistet sein
Bei den Einreisebeschränkungen braucht es aus Sicht der SFH eine Ausnahmebestimmung für Asylsuchende. Die völkerrechtlichen Vorgaben zum Schutz von Flüchtlingen gelten auch im Hinblick auf den Zugang zum Hoheitsgebiet im Rahmen der Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19. Diese Massnahmen dürfen nicht dazu führen, dass Asylsuchenden eine wirksame Möglichkeit zur Beantragung von Asyl verweigert wird oder sie zurückgewiesen werden. Massgebend ist insbesondere das zwingende völkerrechtliche Refoulement-Verbot. Dieses muss immer eingehalten werden, auch in ausserordentlichen Situationen. Das Refoulement-Verbot gilt auch für Asylsuchende an der Grenze – und zwar laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) bereits ab dem Moment, in dem sich ein Asylsuchender unter der Hoheitsgewalt eines Staates befindet. Das ist schon bei einer Grenzkontrolle der Fall. Das bedeutet konkret, dass im Einzelfall geprüft werden muss, ob eine Überstellung an einen anderen Staat gegen das Refoulement-Verbot verstossen würde. Eine pauschale Vermutung der Sicherheit in einem anderen Dublin-Staat genügt nicht. Eine solche individuelle Prüfung ist nur möglich in einem entsprechenden Verfahren. Deshalb muss an der Grenze die Möglichkeit bestehen, ein Asylgesuch zu stellen und damit Zugang zum Asylverfahren zu erhalten.
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