Drastisches Reiseverbot fĂŒr vorlĂ€ufig Aufgenommene statt erleichterte Integration

06. Dezember 2021

Die Schweizerische FlĂŒchtlingshilfe (SFH) kritisiert die vom Parlament beschlossene Reform der vorlĂ€ufigen Aufnahme: Diese bringt eine unnötige VerschĂ€rfung des Reiseverbots, die unverhĂ€ltnismĂ€ssig ist und unvereinbar mit den Grundrechten. Zugleich bleibt fĂŒr die meisten Betroffenen der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert, da die punktuellen Verbesserungen zu eng gefasst sind. Die SFH hĂ€lt denn auch an ihrer Forderung fest, einen positiven Schutzstatus anstelle der vorlĂ€ufigen Aufnahme zu schaffen.

Nach dem StÀnderat hat heute auch der Nationalrat der vom Bundesrat vorgeschlagenen Reform der vorlÀufigen Aufnahme im AuslÀnder- und Integrationsgesetzes (AIG) zugestimmt. Damit werden vorlÀufig aufgenommenen Personen Auslandreisen grundsÀtzlich untersagt.

Reiseverbot geht deutlich zu weit

Aus Sicht der SFH ist das unverhĂ€ltnismĂ€ssig und unvereinbar mit den verfassungs- und völkerrechtlich geschĂŒtzten Grundrechten wie etwa der Bewegungsfreiheit und dem Recht auf Familienleben. Zudem ist diese VerschĂ€rfung unnötig: Bereits heute sind Auslandreisen fĂŒr vorlĂ€ufig Aufgenommene bewilligungspflichtig und nur erlaubt, wenn strenge Bedingungen erfĂŒllt sind.

Die SFH fordert daher vom Bundesrat, in den AusfĂŒhrungsbestimmungen nun keine weiteren EinschrĂ€nkungen vorzunehmen. Die geltenden Ausnahmemöglichkeiten mĂŒssen vielmehr zwingend beibehalten und ergĂ€nzt werden – insbesondere mĂŒssen fĂŒr vorlĂ€ufig Aufgenommene auch Reisen möglich sein, um die Beziehungen zu Familienangehörigen pflegen zu können.

Berufliche Integration kaum erleichtert

Die Reform bringt zwar auch punktuelle Verbesserungen wie den erleichterten Kantonswechsel fĂŒr vorlĂ€ufig Aufgenommene, die deren berufliche Integration erleichtern sollen. Diese gehen in die richtige Richtung, sind aber so eng gefasst, dass das angestrebte Ziel verfehlt wird. Denn in der Praxis werden nur sehr wenige der Betroffenen tatsĂ€chlich davon profitieren.

Namentlich die vollstĂ€ndige SozialhilfeunabhĂ€ngigkeit als Bedingung sowie die einjĂ€hrige Wartefrist fĂŒr einen Kantonswechsel behindern weiterhin die Arbeitsmarktintegration. Hinzu kommt der bewusste Verzicht auf eine weniger missverstĂ€ndliche Bezeichnung der vorlĂ€ufigen Aufnahme, obwohl sich diese erwiesenermassen integrationshemmend auswirkt, da sie nach wie vor potenzielle Arbeitgeber abschreckt.

Positiver Schutzstatus erforderlich

Die SFH vermisst hier bei Bundesrat und Parlament die nötige Konsequenz, um die Arbeitsmarktintegration von vorlÀufig Aufgenommenen als eines der zentralen Ziele der Integrationsagenda tatsÀchlich erreichen zu können. Die SFH fordert deshalb weiterhin einen neuen Anlauf zur Schaffung eines positiven Schutzstatus anstelle der vorlÀufigen Aufnahme. Nur so können die Integrationsperspektiven der Betroffenen nachhaltig verbessert und damit auch etwa die Sozialhilfekosten gesenkt werden.

Rund 47’000 GeflĂŒchtete leben als vorlĂ€ufig Aufgenommene in der Schweiz. Sie können nicht in ihre Heimat zurĂŒckkehren, weil dort beispielsweise Krieg herrscht oder ihnen Folter droht. Die meisten von ihnen bleiben jahrelang hier. Doch der Status erschwert den Betroffenen, in Gesellschaft und Arbeitsleben Fuss zu fassen. Die SFH fordert denn auch seit Jahren die rechtliche Gleichstellung von vorlĂ€ufig Aufgenommenen und anerkannten FlĂŒchtlingen.

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