«Das Flüchtlingsparlament hilft tatsächlich, Hindernisse verschiedenster Art zu überwinden.»

Dmytro Zharyi stammt aus der Ukraine. Dort war der Rollstuhlfahrer ein angesehener Anwalt für die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen. Jetzt will der Experte sein Wissen unter anderem über das Flüchtlingsparlament Betroffenen in der Schweiz zugute kommen lassen.

Dmytro Zharyi kommt aus Dnipro in der Ukraine. In seiner Heimat war der Rollstuhlfahrer ein renommierter Anwalt, denn er hat erfolgreich Fälle geführt, mit denen die Rechte von Menschen mit einer Behinderung durchgesetzt werden konnten. Sein grösster Fall sei ein sieben Jahre währender Rechtsstreit gegen eine grosse Versicherungsgesellschaft mit Hauptsitz in der Schweiz gewesen, berichtet Zharyi. Er habe nachweisen können, dass die Versicherung Menschen mit einer Behinderung beim Zugang zu ihren Leistungen diskriminierte. Am Ende sei der Versicherer gerichtlich dazu verpflichtet worden, seine Statuten dergestalt anzupassen, dass nun auch Menschen mit einer Beeinträchtigung die angebotenen Leistungen in Anspruch nehmen könnten. 

Seit zwei ein halb Jahren lebt Dmytro Zharyi nun in der Schweiz. Er habe bereits temporär als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz unterrichten können, erzählt er im Interview. Als Anwalt betrachte er es als seine Pflicht, Menschen zu unterstützen. Weil er selbst beeinträchtigt ist, empfindet er seine Anwesenheit hier in der Schweiz als doppelte Chance, denn auch hierzulande könne er dafür kämpfen, dass die Behindertenrechtskonvention im Interesse Aller implementiert werde. Damit könne sich einerseits die Situation von Schweizer*innen mit einer Beeinträchtigung verbessern; andererseits möchte Zharyi auch Geflüchteten mit einer Behinderung dabei helfen, ihre Rechte wahrzunehmen. Es sei ihm daher sowohl Pflicht wie auch Ehre, für die gesamte Schweiz, nicht nur für betroffene Geflüchtete, einen Beitrag zu leisten. 

Diesen Beitrag leistet Zharyi auch im Flüchtlingsparlament. In der Kommission für Geflüchtete mit einer Beeinträchtigung wollten die Teilnehmenden aufzeigen, welche rechtlichen Hürden für Betroffene in der Schweiz existieren. Sie identifizierten das Hauptproblem darin, dass für Geflüchtete mit einer Behinderung meist dieselben Vorgaben gelten wie für solche ohne Beeinträchtigung. Für Geflüchtete mit einer Behinderung sei es daher kaum möglich, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, Zugang zu Versicherungsleistungen zu erhalten oder auch nur unabhängig zu leben. Bei der Integration gebe es Barrieren beim Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sprachkursen oder beim Familiennachzug. Für Betroffene sei es kaum machbar, die Kriterien für eine Familienzusammenführung gemäss Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) zu erfüllen, dies in erster Linie wegen der verlangten finanziellen Selbständigkeit, führt Dmytro Zharyi aus. Auch pflegende Angehörige seien, was ihre Integrations- und Teilhabemöglichkeiten anbelangt, gegenüber anderen Geflüchteten stark benachteiligt.   

Der Experte hofft, diese Schwierigkeiten den Verantwortlichen aufzeigen und so in Zukunft tatsächlich gleiche Rechte für Geflüchtete mit und ohne Behinderung erstreiten zu können.  

Die Arbeit in der Kommission sei extrem inspirierend gewesen. Zharyi habe viele hochintelligente Leute kennengelernt, die für Alle einen Wandel herbeiführen wollten. Wenn er Menschen aus unterschiedlichen Kulturen treffe, die alle verschiedene Sprachen sprächen, aber dennoch durch dasselbe Ziel vereint seien, dann sei dies enorm motivierend.  

2022 hat der Anwalt aus der Ukraine zum ersten Mal am Flüchtlingsparlament teilgenommen. Die Veranstaltung habe im selben Gebäude stattgefunden wie die diesjährige Session. «Sie hilft tatsächlich, Hindernisse verschiedenster Art zu überwinden», zieht er begeistert Bilanz.  

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