Schutzsuchende im Vakuum zwischen Gesetz und harscher Realität in Italien

Schutzsuchende im Vakuum zwischen Gesetz und harscher Realität in Italien

09. Februar 2017

Der Danish Refugee Council und die Schweizerische Flüchtlingshilfe haben einen gemeinsamen Bericht publiziert zur Situation von Personen, die unter der Dublin-III-Verordnung nach Italien überstellt werden. Der Bericht beleuchtet insbesondere die Situation von Personen mit speziellen Aufnahmebedürfnissen und zeigt auf, dass die Aufnahmebedingungen in Italien stark variieren und die überstellten Personen dem Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Im November 2014 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Urteil Tarakhel gegen die Schweiz festgehalten, dass eine ohne individuelle Garantien getätigte Überstellung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Italien aufgrund der mangelhaften Aufnahmebedingungen zu einer Verletzung von Artikel 3 der Menschenrechtskonvention führen würde. In der Folge haben die italienischen Behörden erklärt, dass nach Italien überstellte Familien in Unterkünften untergebracht werden, die deren besonderen Bedürfnissen Rechnung tragen, und dass die Familieneinheit gewahrt wird.

Während einer Abklärungsreise in Italien anfangs 2016 konstatierte die Schweizerische Flüchtlingshilfe, dass noch immer diverse Schwierigkeiten im italienischen Aufnahmesystem bestehen, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Unterbringung und die Diskrepanz zwischen Gesetz und Realität. Vor diesem Hintergrund hat die Schweizerische Flüchtlingshilfe zusammen mit der Dänischen Flüchtlingshilfe (Danish Refugee Council) ein Monitoring-Projekt initiiert. Das Projekt fokussiert auf die Aufnahmebedingungen sowie den Zugang zum Asylverfahren für unter der Dublin-III-Verordnung überstellte Familien mit minderjährigen Kindern sowie Personen mit besonderen Bedürfnissen in Italien. Das Projekt wird im Jahr 2017 weitergeführt.

Sechs Fälle zeigen: Die Art und Weise der Aufnahme hängt vom Zufall ab

Der heute veröffentlichte Bericht «Ist gegenseitiges Vertrauen genug? Die Aufnahme von Personen mit besonderen Bedürfnissen in Italien» enthält sechs aktuelle exemplarische Fälle. Er zeigt klar auf, dass für Personen, die nach Italien überstellt werden, substanzielle Schwierigkeiten bestehen. Es ist vom Zufall abhängig, wie Familien und vulnerable Personen von den italienischen Behörden aufgenommen werden. Die Erfahrungen der Beteiligten zeigen, dass die italienischen Behörden in keinem der sechs Fälle in der Lage waren, die Aufnahme entsprechend den im Urteil Tarakhel gegen die Schweiz festgelegten Anforderungen zu gewährleisten.

Forderungen

Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse fordern die Schweizerische Flüchtlingshilfe und die Dänische Flüchtlingshilfe die italienischen Behörden dazu auf, die Garantien zu erfüllen, die sie für die Aufnahme von Familien abgegeben haben. Auch die überstellenden Mitgliedstaaten des Dublin-Abkommens werden aufgefordert, sicherzustellen, dass alle unter der Dublin-III-Verordnung überstellten Personen angemessen und menschenrechtskonform aufgenommen werden.

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