Die heute von SRF geschilderten Gewaltvorfälle sowie die Eskalation der vergangenen Monate zeigen erneut, wie dringend notwendig in den Bundesasylzentren die Einführung eines externen und unabhängigen Beschwerdemanagements ist. Das SEM ist in dieser Rolle nicht glaubwürdig, da nicht nur Asylsuchende ihm gegenüber befangen sind, sondern aufgrund der Leistungsverträge auch das Sicherheits- und Betreuungspersonal. Eine unabhängige Beschwerdestelle muss die einzelnen Gewaltvorfälle prüfen und die notwendigen rechtlichen oder personellen Schritte einleiten, sofern die Abklärungen dies erfordern. Im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung sollte zudem ein systematisches Monitoring der Vorfälle aufgebaut werden, damit allfällige systemische Mängel erkennbar werden.
Ohne Unterstützung ist es für gewaltbetroffene Asylsuchende kaum möglich, an die Polizei zu gelangen und Anzeige zu erstatten, zumal sie oft weder die Sprache beherrschen noch über die nötigen Informationen verfügen. Zudem befinden sich viele Bundesasylzentren an sehr abgelegenen Standorten, was den Gang zum Polizeiposten zusätzlich erschwert. Der Rechtschutz in den Verfahrenszentren kann die Asylsuchenden zwar diesbezüglich beraten, für allfällige strafrechtliche Schritte ist er aber nicht zuständig. Seine Kompetenz liegt in der anwaltschaftlichen Begleitung im Asylverfahren. Eine unabhängige Beschwerdestelle sollte daher leicht zugänglich sein und in den Asylunterkünften oder in deren unmittelbarer Nähe als erste Anlaufstelle dienen.
Die SFH begrüsst daher, dass das SEM nun die Einführung einer solchen Beschwerdestelle sowie die internen Strukturen und Abläufe prüft. Auch die eingeleitete externe Untersuchung durch Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nun müssen aber weitere Massnahmen folgen, insbesondere ein systematisches Monitoring sämtlicher Gewaltvorfälle in den Bundesasylzentren.
Der Umgang mit Asylsuchenden erfordert besondere Kompetenzen, Kenntnisse und Sensibilität – insbesondere bei traumatisierten Personen, Opfern von sexualisierter Gewalt oder von Menschenhandel. Die SFH hat daher wiederholt auch auf die Notwendigkeit von Präventionsmassnahmen hingewiesen, um Gewaltvorfällen vorzubeugen. Besonders wichtig ist dabei das Verhältnis zwischen den Dienstleistungen für die Betreuung und jenen für die Sicherheit. Die SFH begrüsst den Einsatz zusätzlicher Betreuungspersonen in den Bundesasylzentren. In den Unterkünften ist das dringend notwendig, gerade auch für die Kommunikation mit Asylsuchenden mit besonderen Bedürfnissen. Beim Sicherheitspersonal sollten zudem die sozialen Kompetenzen sowie Massnahmen zur Deeskalation und Gewaltprävention deutlich besser geschult werden. Aggressionen und Konflikte können dadurch teilweise vermieden werden.
Die Offenlegung eines Gewaltpräventionskonzepts durch das SEM ist nach wie vor dringend notwendig. Aus Sicht der SFH muss das Konzept nun umgehend in allen Bundesasylzentren einheitlich umgesetzt werden. Im Konzept müssen die verschiedenen Massnahmen sowie die Zuständigkeiten und Kompetenzen der einzelnen Akteure im Kontext Gewalt durch verbindliche Vorgaben einheitlich geregelt werden.
Eliane Engeler
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